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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
36. Heft.1956
Seite: 156
(PDF, 67 MB)
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nahm der Präsident darauf Platz. Einige setzten sich, andere standen im
Halbkreis. Es war eine schweizerische Landgemeinde im Keim. Ich schaute
eine "Weile vom Zaun aus zu und hatte meine Freude an dem ungezwungenen
Ton, der kleine Herr stand seinen Mann ...

Es mag — unter der besonderen Schau, in welcher hier Flakes „Schloß Ortenau"
gesehen wird — als bedauerliches Fehlen angekreidet werden, daß trotz der Vielzahl
von Personen, welche die Handlung des Romans tragen, keiner jener
Menschen eingearbeitet ist, welche bodenständig und in verwurzelter Lebensnähe
der Heimat verbunden sind: ein Bauer, ein Handwerker, ein Arbeiter oder eine
ihrer Frauen — und dies nicht als Nebenfigur. E>abei ist Flake die Welt der Menschen
dieser Landschaft, ihre "Wirtschaft, ihre Sorgen und Fröhlichkeiten und selbst
ihr Brauchtum nicht etwa fremd. Auch hierzu finden sich in der Handlung des
Romans Einblendungen, etwa jene:

Auf dem Land mehr als in den Städten spürt man noch den alten Charakter
des Dezember, des raunenden unter den Monaten. Das christliche und das
naturhafte Geheimnis mischen sich in ihm; die Nächte sind heilig und
spukhaft in einem. Die Zwölfnächte oder Rauhnächte greifen in den
Januar über, noch aus der Zeit, als die Geburt Christi am Dreikönigstag gefeiert
wurde. Im heutigen Kalender erscheinen Caspar, Melchior, Balthasar
ja post festum, zwei Wochen verspätet. Am Barbaratag, Anfang Dezember,
stellte nicht nur Sabine frische Äste in eine Vase mit Wasser, auch einige
Mägde taten es, aber alle nur, um an Weihnachten blühende Knospen zu
haben; vom tieferen Sinn, dem Liebeszauber, wußten sie nichts mehr. Am
Pfosten meines Stockwerks fand ich über Nacht das CMB, die Anfangsbuchstaben
der Drei Könige. Und Obrecht, den ich eines Abends mit Sabine
besuchte, erinnerte sich noch, daß in den ersten Jahren seines Amtes die
Bewohnerin eines verwitterten Hauses ihn zu bitten pflegte, am Thomastag
die Geister durch Weihrauch zu bannen. Obrecht, der neuerdings zu den
Leseabenden herüberkam, brachte mich auf den Gedanken, einige von den
Sagen der Gegend vorzulesen. Ich; wählte unter anderem die Geisterhochzeit
auf Burg Lauf und den Besuch der Mummelseenixen in der Spinnstube des
Dorfes...

Alle diese Beispiele, man könnte noch mehr zitieren, noch unendlich viele
ähnlicher oder gleicher Art aus dem Gesamtwerk Otto Flakes, soweit es im oberrheinischen
Raum sich abspielt, hier bewußt gewählt aus dem besonderen Umkreis
der Landschaft Ortenau und ihrer Werte und insofern gewiß ein aus dem Ganzen
des Kunstwerkes und dem romanhaft Wesentlichen gelöstes Fragment, ein Ausschnitt
wie bei einem Bilddetail gewissermaßen: alle diese Beispiele werfen die
Frage auf und wollen sie beantworten, ob man mit Recht behaupten darf, daß
Otto Flake, bezogen auf die Literatur und die Literaten der oberrheinischen Landschaft
, eine Erscheinung sei von einem so hohen Rang, daß ihm — in dieser
Begrenzung, wohlverstanden — keiner unmittelbar an die Seite gestellt werden
kann. ,

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