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Dem Thron im Schwarzacher Tympanonrelief ist ein Polster aufgelegt
; Christus selber ist die „Majestas Domini" von überwältigender
Hoheit und ewig gleichbleibender Ruhe und Größe. Diese zeitlose
Feierlichkeit, wie besonders die frühen, von mystischer Versenkung
inspirierten Mosaiken der Ostkirche sie kennen, war die
Veranlassung, als Vorlage für das Schwarzacher Relief eine byzantinische
Elfenbeinplasik anzunehmen.
Mit der Majestas Domini ist in Schwarzach geschickt das Motiv
der Kirchenpatrone kombiniert. In ehrfürchtiger Aufmerksamkeit
ihr Gesicht zum Herrn gewandt, stehen seitwärts Petrus und Paulus.
Schon die diamantierten Nimben und Gewandungsdetails lassen sofort
eine überraschende Verwandtschaft mit den Bamberger Chorschrankenaposteln
erkennen. Allerdings gerade die sog. Petrusreihe
im Bamberger Dom ist eigenartig steif und handwerklich; um so
stürmischer und impulsiver ist der Ausdruck der anderen Apostel-
und Prophetenreihen, die auch das eigentliche Kunstwerk des großen,
namenlosen Meisters sind13). In Schwarzach sind die beidemApostel-
gestalten ruhig — aber nicht steif, still — aber nicht leer, hoheitsvoll
— aber nicht brüsk. Hier wie in Bamberg ist der Gesichtsausdruck
von völlig unsentimentaler Männlichkeit und der Bart orientalisch
gestutzt. Noch auffallender ist das gleiche Motiv des Sichhinwendens
und die gänzlich unwesentliche Behandlung der Füße.
Petrus hält in Schwarzach mit der Rechten den Schlüssel, der weit
über die Schulter hinausragt; die Linke dagegen verbirgt sich bescheiden
, fast ängstlich in den Gewandfalten. Wundervoll geformt
ist der Gesichtsausdruck — das Kinn ist leicht aufwärts gehalten,
die Unterlippe hängt wie traurig oder beschämt herunter, um die
Oberlippe ziehen tiefe Falten, die Augen sind nur halb geöffnet, das
Haupt selber neigt sich etwas zur Seite. Hier antwortet wortlos eine
aufgewühlte, fragende, bittende Seele auf die Frage am See Gene-
zareth: „Petrus, liebst du mich?" —
Paulus gehört ganz in den Kreis der bekannten antiken Philosophengestalten
. In Bamberg disputiert er als Feuergeist; hier hat er nichts
zu disputieren; hier hört er, denkt, grübelt, fragt, aber ebenfalls wortlos
; denn sein Mund ist zusammengepreßt, seine Unterwangen sind
eingefallen, die Rechte zerknittert den Mantelsaum — nur die Linke
ist erhoben, frei, forschend, fragend, bittend: „Rede, Herr, dein Diener
hört." —
Mit Recht wird die herrliche Schöpfung im Schwarzacher Portal-
la) Pinder, Der Bamberger Dom und seine Bildwerke, 1938.
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