Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
37. Heft.1957
Seite: 20
(PDF, 59 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1957/0022
Doch ist das nur eine Seite der Kunst Lainbergers. Das Barocke
veräußerlicht ihn nicht, es bleibt ihm die tiefe Mystik der Gotik. Mit
einem unbeschreiblich holdseligen Gesicht neigt sich die Mutter
hernieder zum Kind — der Ausdruck des Mundes ist ruhend und
gütig, der der Augen sinnend in gottesmütterlicher Glückseligkeit.

Eine einzigartige, kaum wiederkehrende Meisterschaft hat Lainbergers
Hand in die Gewandung hineingelegt. Der unirdisch schmale,
zarte Körper der Mutter wird durch die Drapierung des Mantels
stark, beschützend, umhüllend, ja eine absolute Garantie, daß das
Kind in bester Hut ist. Man spürt unmittelbar wie eine unfehlbare
Potentialität das Lied: „Dein Mantel ist schön weit und breit —." Ein
zweiter Mantel, der mit jeder Bewegung des Körpers und der Gewandung
mitfließt, ist der unaufhörlich quellende Reichtum vom
braunen Lockenhaar der Mutter, über diesem Lockenhaar liegt wie
ein Duft aus reinsten Himmelshöhen ein schlichtes, weißes Kopftuch
— Marias Heiligenschein30).

Man denke sich das Bild auf dem Marienaltar sub ambone und
darüber der stille Ernst des Raumes und ringsherum die Dämmerung
farbenglühender Fenster — dann schauen wir das schönste gotische
Bild im romanischen Rahmen — ein Bild zum Atemanhalten.

6.

Die erste Begegnung mit dem Barock in der Schwarzacher
Münsterkirche ist sehr seltsamer Art. Es war eine Begegnung mit
,,dem Tod und Weltdunkel". Diese war altgermanisches Erbgut, nicht
bloß als nordische Untergangsphantastik, sondern auch als Verehrungsdrang
gegenüber großen Toten. Sie zeigte sich in der Geschichte
des edlen Njal, an dessen 15 Mordbuben alle Kräfte der
Natur furchtbare Rache nahmen. Die mittelalterliche Mystik nahm
diese Gedankengänge auf und ließ die Mörder der Heiligen „als
schwarze Sterne versinken im weißgrünen Gischt brodelnder Abgründe
". Dürer verlieh der gleichen Begegnung eine bis jetzt unerreichte
Gestaltung in seinen Apokalypsen. Fast zur gleichen Zeit
fing das Totentanzmotiv an, sein „memento mori" zu rufen. Die
Parallele dazu wurde der Reliquienkult, ein fast gierig aufgenommenes
Brauchtum seiner Zeit.

Der Schwarzacher Abt Gallus Wagner hatte seine erste Klosterzeit
in der Schweizer Abtei zu Rheinau verbracht. Von hier aus befreundete
er sich mit Hans Rudolf Pfiffers, Ratsherr von Luzern und
nachmaliger Gardehauptmann des Papstes Innozenz X. Dieser übergab
1650 dessen „Wittib Maria Agnes geborene von Greüth aus

20


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1957/0022