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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
37. Heft.1957
Seite: 90
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meinen Mann, betonte dessen Persönlichkeitswert, verbot die Nutzanwendung des
Korporalstockes, verpönte den Gebrauch von Scheltworten auf den Übungsplätzen,
gestand dem gemeinen Gardisten die stimmberechtigte Anteilnahme im Kriegsgericht
zu und sicherte jeglichem Angeklagten das Recht zu, befangene Richter
und Beisitzer ablehnen zu dürfen. Nach langem Vergleichen und Erwägen war
vom Erbprinzen selbst auch eine Uniform entworfen worden. Der Waffen-
rock bestand aus blauem Wollstoff; Kragen, Aufschläge und Klappen waren rot.
Auf der roten Brustfläche, durch Haften geschlossen, saßen weiße Litzen mit
Messingknopf und Quästchen. Darunter schaute die gelbe Weste hervor. Die Tuchhose
war gleichfalls von gelber Farbe und steckte in hohen weißen Gamaschen.
Ein weißer Ledergurt hielt den Säbel. Über Brust, Achsel und Rücken lief ein
weißer Lederriemen mit der übergroßen Patronentasche. Die derben doppel-
sohligen Schuhe zierten Messingschnallen. Das Prunkstück war die hohe Spitzkappe
mit einem rotweißblauen Wollbüschel und dem hessischen Wappen: im
blauen Felde den rot und weiß gestreiften aufrecht schreitenden Löwen mit dem
Kurzschwert in der Pranke. Auf der Rückseite quoll der gepuderte und gebänderte
Zopf hervor, baumelnd bis ins Kreuz. In dienstfreien Stunden trug der
Grenadier den Montierungshut (Dreispitz) mit mächtiger Kokarde. Auf dem
Exerzierplatz bediente er sich des alten Kurzgewehrs oder der Muskete mit dem
Bajonett. Die Unteroffiziere waren mit dem Korporalstock, die Offiziere mit der
langschäftigen Sponte oder dem Spieß ausgestattet.

Abhold allen Tafel- und Jagdfreuden lebte der „fürstliche Korporal" in einem
prunklosen, raumarmen Schloß, das bürgerlich einfach eingerichtet war, ganz und
gar seinen Lieblingsneigungen. Neben dem Militär waren dies „Musik und
Malerei". Mit großem Fleiß hat er da neue Trommelwirbel und Querpfeifenklänge
erklügelt. Mit zwei Fingern spielte Ludwig die Märsche auf dem Klavier
vor, und zwei Kapellmeister mußten sie sofort in Noten setzen und probieren.
Desgleichen waren zwei Hofmaler jahraus, jahrein damit beschäftigt, Soldaten in
allen erdenklichen Uniformen auf Karton 1 bis 1 Y- Fuß hoch zu malen. Diese
Soldatenbildnisse in öl oder Pastell standen, mit Klötzchen versehen, in einem
Saale aufgestellt oder schmückten die erbprinzlichen Gemächer und Schloßgänge.

Die Erhaltung und Ausstattung seiner Pirmasenser Grenadiergarde bestritt Erbprinz
Ludwig erstlich aus dem Erträgnis des Lichtenbergischen Soldatengeldes,
wozu jeder Untertan an Stelle der Naturalwache auf der Stammburg Lichtenberg
nach altem Herkommen 7 ß 6 J> beizutragen hatte, z. B. Lichtenau 32 fl. 3 ß für
1741. Dabei blieb es aber nicht. Bereits 1742 hob eine Beschwerde beider Ämter
auf das Soldatengeld für die angeworbenen Grenadiergarde ab12). Laut gnädigstem
Befehl hatte das Amt Willstätt seit 1750 jährlich 4400 fl. zur „Kriegskasse"
abzuliefern; das Amt Lichtenau dürfte ein ähnlicher Betrag getroffen haben (1769
eingestellt). Daneben flössen die meisten Einkünfte der Grafschaft Hanau-Lichtenberg
dahin. Außer dem monatlichen „Kriegsgelde", d. h. jener Abgabe, die jeder

1!) Da der Landesherr zum Unterhalt seines Pirmasenser Grenadierbataillons neben allen anderen
Beschwerden ein starkes Monatsgeld einfordern ließ, wollten 1749 viele Familien — wie schon 1738
geschehen — nach Pennsylvanien auswandern (Lichtenauer Pfarrchronik).

SO


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