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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
37. Heft.1957
Seite: 92
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1957/0094
ein zweites Regiment in Pirmasens zu exerzieren, seinen Darmstädter Ministern
und Räten abzwingen, denn mit Übernahme der Regierung hatte er auch eine
väterliche Schuldenlast von 400 000 Gulden geerbt. Am 3. August 1777 wurde
endlich die Stammkompanie des zweiten Regiments „Landgraf" mit 3 Offizieren
, 5 Unteroffizieren, 3 Pfeifern, 3 Trommlern und 50 Gemeinen gegründet;
1784 zählte es in fünf Kompanien 750 Mann. Dem alten Regiment ward der Zuname
„Erbprinz" beigelegt. Was nun die Körpergröße der Mannschaften
betrifft, so standen nach einer Aufstellung von 1789 in der 1. Leibkompanie des
Regiments Erbprinz die langen Kerle, Größe von 1,96 m abwärts. Sie bildeten
die Augenweide des fürstlichen Soldatenvaters15). In den weiteren Kompanien
glitt das Maß bis 1,70 m herab; weitaus die Mehrzahl der Grenadiere maß
zwischen 1,85 m bis 1,75 m. Während im ersten Regiment der gemeine Mann,
mit Ausnahme der Spielleute, ein Mindestmaß von 5 Fuß 5 Zoll haben mußte,
dienten im Regiment Landgraf auch Leute geringeren Wuchses, bei kräftigem
Körperbau bis 5 Fuß 2 Zoll — 1,62 m. Mit den Husaren und etwa einem halben
Hundert Invaliden betrug die Gesamtstärke der Garnison rund 2400 Mann. Zu
Ende des Jahres 1789 belief sich dann der ganze Militärbestand, Weiber, Kinder,
Knechte und Mägde eingerechnet, auf 6851 Seelen. Die Stadt Pirmasens aber
zählte über 9000 Einwohner. Für sie alle war Landgraf Ludwig IX. der gütige
Nährvater.

Truppenlieferungen an England oder Holland wie gewisse Reichsfürsten hat
Ludwig trotz verlockender Angebote und obwohl er dauernd in Geldnöten
steckte, nie betrieben; dazu waren ihm seine Grenadiere zu sehr ans Herz gewachsen
. Das Hauptkontingent stellten zeitweise aber nicht die Landeskinder,
sondern geworbene Söldner aus aller Herren Ländern, die als „U nvertraute"
(Ausländer) wegen allzu großer Desertionsgefahr die Stadt nur unter militärischer
Bedeckung verlassen durften. Zum sicheren Stamm der „Vertrauten" (Inländer
) rechnete man die Grenadiere aus der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt
und den drei Reichsämtern, denen der Landgraf weit mehr Freiheiten gewährte:
er ließ sie heiraten, wenn möglich mit großgewachsenen Frauen, und erleichterte
ihnen den Bau eines eigenen Häuschens; der Bürgernutzen ihrer Heimatgemeinde
ward jedem vorbehalten. Sie bekamen einen Torpaß ausgehändigt und konnten
ungehindert durch die Wachen aus- und eingehen. Außerdienst hatten sie es verhältnismäßig
recht gut, durften dem Ackerbau oder ihrem erlernten Berufe nachgehen
, mauern, zimmern, schreinern, schustern, schneidern, stricken u. dgl. — zum
Ärger und Schaden des zünftigen Handwerks. Denn der Sold für Offiziere sowohl
als für die gemeine Mannschaft war nicht sehr hoch. Um ihr Einkommen zu
mehren, befaßten sich selbst die Offiziere in der Freizeit mit einem Nebenberuf
und betrieben mit Hilfskräften einen landwirtschaftlichen Gutshof oder sonst ein
Gewerbe. Laut Kirchenbüchern und Stammrolle wurden so durch den Soldatendienst
Hunderte von Hanauern nach Pirmasens verpflanzt. Manche dienten bis ins
hohe Alter und nahmen mit ihrer Familie dort den Wohnsitz, wo ihre Nach-

15) Den 11. April 1789 verwilligte der Landgraf dem Jakob Made in Kork die freie Schildgerechtigkeit
und bestimmte den Schild .Zum Pirmasenser Grenadier".

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