Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
42. Jahresband.1962
Seite: 186
(PDF, 67 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1962/0198
Die abgebrannten Kehler hatten sich in die umliegenden Ortschaften, hauptsächlich
nach Sundheim, geflüchtet. Infolge der Menschenanhäufung war der Typhus ausgebrochen
. Doch Fecht scheute weder Gefahren noch Mühen, um die Seelsorge
auszuüben; oft konnte er nur mit Leitern zu den zu betreuenden Kranken gelangen
.

Die große Not der Kehler nach der Belagerung ging unserm Fecht so zu Herzen,
daß er sie in einer Eingabe unterm 7. November 1815 dem Wiener Kongreß schilderte
. Als den Franzosen alle Kontributionsleistungen erlassen wurden, sei bei den
Kehlern die Hoffnung auf Entschädigung gesunken. Dafür wäre nun in den Blättern
verkündet worden, daß für die armen Abgebrannten sogar im Badischen gesammelt
werden sollte. In Wien sei zwar auch eine Kollekte veranstaltet worden.
Aber was wolle das für das verarmte Kehl bedeuten. Die Kehler seien in Verzweiflung
. Es müsse ein Versuch schneller Rettung gemacht werden. Kehl, das
1700 Einwohner gehabt habe, sei innerhalb 20 Jahren dreimal abgebrannt und von
Grund aus zerstört worden. 700 000 Gulden seien von der Brandkasse nach gerichtlicher
Schätzung zu verlangen. Nichts sei aber ausbezahlt worden.

Am 19. November 1813 sei Kehl wiederum zerstört worden. Die Einwohner
hätten sich in Hütten, das Getreide in Gruben und Erdlöchern untergebracht. Den
Winter verlebten sie auf Dachböden eng zusammengedrängt, wo auch das Militär
liege. Viele seien Opfer der ansteckenden Krankheiten oder des nagenden Kummers
geworden. Die noch lebenden Kehler beneideten ihre Toten. Fecht schloß:

„Ja, wenn der gute, edle Monarch die 1400 Menschen, denen das Elend tiefe Furchen
ins Angesicht grub, sehen könnte, wenn zu ihm dränge der Jammer so vieler Familienväter
, die zweimal aus dem Unglück durch Entbehrung, Fleiß und Anstrengung sich emporarbeiteten
, nun aber hilf- und kraftlos rufen: wir versinken! Wenn er gesehen hätte, wie
selbst den Fremdlingen und feindlichen, abgehärteten Kriegern die Tränen in die Augen
drangen, als sie auf der Stätte der Verwüstung die ehemaligen Besitzer weinend herumirren
sahen, so würde der hochherzige, menschenfreundliche Monarch mit hoher Energie
sich unserer annehmen. Er würde zu den Fürsten im Kongreß sprechen: Kehl, an Deutschlands
Tor, zertrümmert im heiligen Krieg, soll nicht in Schutt und Elend liegenbleiben!
Es soll durch unsere Gesamthilfe wieder neu und schöner emporblühen zu einem Denkmal
für die jetzige und künftige Generation!"

Unbeachtet verhallten diese flehenden Worte unseres Fecht. Als Vertreter unseres
Bezirks erreichte er in Karlsruhe wenigstens eine Erleichterung der Einquartierungslasten
für Kehl und seine Umgebung.

Ein Beispiel seines sozialen Denkens und Handelns lieferte uns Fecht im Jahre
1817, einem der schwersten Notjahre. Trotz seiner großen Familie — er hatte
10 Kinder — und seiner mittelmäßigen Besoldung verschenkte er Früchte an Unbemittelte
und setzte sich mit seiner ganzen Kraft zur Linderung der Notlage ein.

Als 1818 durch die oberste Kirchenbehörde ein neues Religionslesebuch geschaffen
wurde, zog man Fecht als Mitarbeiter heran. Außerdem wurde er zu den Beratungen
mitzugezogen, als in Baden aus den beiden evangelischen Richtungen, der
lutheranischen und reformierten, 1821 die evangelisch-protestantische Kirche als
Landeskirche gebildet wurde, deren Einigung durch die Generalsynode vollzogen
wurde, der Fecht seit 1820 angehörte.

186


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1962/0198