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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
44. Jahresband.1964
Seite: 2
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Die Wanderung*)

von Erich A. H u b e r

Wie im mütterlichen Schoß
Betten warm sich T a 1 und Hänge,
Was dem Blick sich noch verschloß,
Kündet sich durch Glockenklänge.
Sieh, nun bleibt der Wald zurück,
Freundlich winken Fluß und Wiesen,
Bächlein, die im jungen Glück
Hin zur größern Schwester fließen.
Himmelblauer Sonnenschein
Fällt in tausend Pfeilen nieder,
Aus den Gärten, überm Rain
Blitzen Turm und Giebel wieder.
Gassen ein und Gassen aus
Zwingt es mich, dahinzuschreiten,
Dieser Hof, dies alte Haus
Sind voll Kinderseligkeiten.
Manch vertrautes Angesicht
Nickt mir, das ich schon vergessen —
Trägt das blonde Mädchen nicht
Züge, die mir liebgewesen?
Und es grüßt am Wegesrand
Haus an Haus im Gartenfrieden.
Zaub'risch Kindermärchenland
Lockt verträumt in Busch und Blüten.
Mühsam wird der Weg empor,
Und mit festlichen Fialen
Schmückt der Wald sein grünes Tor,
Dämmern trinkt die Sonnenstrahlen.
Gold'ne Brücken spinnt das Licht
Durch das Laub, um Farn und Ranken,
Auf dem gleißenden Geflicht
Wandern zeitlos die Gedanken.
Felsen türmen sich vor mir,
Moosgeflecht und Dorngewirre,
Meiner Träume Wundertür
Wies mich weglos in die Irre.

*) Im Vorfeld von Oberkirdi.

Einsamkeit ist um mich her
Und ein gnadenloses Schweigen,
Nirgendwo im Blättermeer
Will sich mir ein Ausweg zeigen.
Nirgendwo der kleinste Pfad,
Nur Dickicht und feindlich Dämmern,
Keine Stimme gibt mir Rat,
Meine müden Pulse hämmern.
Banges Zagen würgt das Herz,
Lähmt Besinnen und Beginnen.
Taumelnd flieh' ich haldenwärts,
Um den Heimweg zu gewinnen.
Hang hinab und Hang hinan
Streif ich ziellos durch's Gerölle,
Murmelnd lockt den müden Mann
Eine kleine Felsenquelle.
Rast und Ruhe lockt am Bronn,
Blindes Hoffen führt im Kreise,
Treulos schleicht der Tag davon,
Busch und Bächlein plaudern leise.
Aus der Quelle steigt es grau,
Flattert überm feuchten Moose —
Ist es nicht die Geisterfrau
Drunten aus dem alten Schlosse?
Weh, sie greift nach meiner Hand —
Wundersam! Ich fühl' mich schweben!
Seh' mich, noch vom Schreck gebannt,
Auf zum Schrofenrand erheben!
Talwärts brennt das alte Schloß
In geheimnisvollem Feuer,
Türme gluten riesengroß,
Schatten geistern ums Gemäuer.
Turmher kommt ein Glockenton,
Und ein eigensames Regen —
Schemenhafte Prozession —
Will sich dort zur Burg bewegen.

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