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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
44. Jahresband.1964
Seite: 211
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den Ruckkorb nicht abzustellen, weil sonst die Spitze der Palmenschere abbrechen
könnte.

Der Rückweg zog sich in die Länge, obwohl das Büblein sich an einem nochmaligen
Apfel verlustierte. Aber die Palmenschere mußte schwer sein, die Riemen
schnitten ordentlich in die Schultern ein. Wer dem Büblein begegnete, fragte es mit
halbem Lächeln, ob es die Palmenschere habe holen dürfen. Dieses Wissen weckte
in dem Büblein doch Bedenken über die Ernsthaftigkeit seines Auftrags. Sie
wurden bestätigt, als die Palmenschere ausgepackt wurde: Mit Wackensteinen war
der Rucksack gefüllt gewesen, und zwischen die zwei untersten war ein duftender
Anschnitt eines noch ofenwarmen Brotlaibes gepackt.

Es war dem Büblein ein geringer Trost, daß es das „Knäuslein" allein verzehren
durfte, und es war dem Büblein wieder ein großer Trost, daß man ihm,
während er die Palmenschere holte, einen Palmen von ausnehmender Größe und
Schönheit bereitgestellt hatte.

Der Palmen der Kleinen und der Palmenbusch der Großen wurde zwischen
den Dachsparren als Wetterschutz aufbewahrt.

Im Achertal war die Palmenweihe ganz auf den Wetterschutz abgestellt. Während
eines Gewitters wurden einige Reislein vom Palmenbusch auf glühende
Kohlen im Herd so gelegt, daß sie nicht in Brand, sondern nur in Rauch aufgingen
. In Ottenhofen lag zu diesem Zweck ein besonderer Torfdeckel bereit. Der
Rauch der geweihten Zweige hinderte die bösen Geister, sich auf den Dachfirst
zu setzen und lenkte auf diese Weise den Blitz vom Hause ab.

In Norddeutschland waren ähnliche Bräuche in Übung: Nach einer vorreforma-
tischen Schrift Wessels über den katholischen Gottesdienst legte man in Pommern
während der Gewitter den Palmbuschen so über das Herdfeuer, daß er ins
Rauchen, doch nicht ins Brennen geriet. So weit der Rauch sich durch die Fensterlichten
ausbreitete, konnte der Blitz nicht zünden.

Der Karfreitag

Er war strenger Fast- und Abstinenztag für alt und jung. Als Fastenspeise
dienten in Weißmehlteig eingebackene Froschschenkel. Man hätte die Frösche schon
besonders züchten müssen, wenn sie hätten ausreichen sollen. Aber die Neusatzer
waren damals ja das Fasten gewohnt. Da das Fangen der Frösche eine äußerst
zeitraubende Arbeit gewesen wäre, verbaute man den Bach mit Gumpen, in denen
man eine Lücke ließ; in diese wurden die leeren „Schnitzrümpfe" gehängt als
Reusen und die Frösche von den Matten durch ganze Kinderherden in den Bach
gescheucht, wo sie sich dann in den Schnitzrümpfen fingen.

Für mich war das weiße, zarte Fleisch eine Delikatesse. Ich bekam sie, als ich
in Achern auf Schule war, Jahr für Jahr zu meiner heimlichen Freude von der
Kostwirtin vorgesetzt. Diese Fastenspeise war auch im Achertal üblich.

Das Osterfeuer

In Neusatz und im Achertal holten die Meßdiener in der Frühe des Karsamstages
Reste von Grabkreuzen auf dem Friedhof und entzündeten damit auf

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