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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
45. Jahresband.1965
Seite: 129
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bewies sich Goegg als kluger, politischer Taktiker. Denn er wußte sehr wohl, daß
seine Ideen und Pläne nur durchzuführen waren, wenn an der Spitze des
„Badischen Volksvereins" ein Mann von größter Popularität stand, und dieser
Mann war damals Brentano. Als Advokat bei politischen Prozessen vor und nach
1848, in den Debatten der Karlsruher Kammer, im Frankfurter Parlament, und
hier namentlich durch sein Eintreten für den im Badischen volkstümlichsten Helden
der Freiheit, für Hecker, hatte Brentano landauf, landab in allen Kreisen der
entschieden Liberalen, der Demokraten und Republikaner sich einen großen Namen
erworben. Aber Goegg wußte auch, daß Brentano nicht der Mann der praktischen
politischen Arbeit und schließlich auch nicht der einer revolutionären Aktion war.
Brentano war Advokat, Parlamentarier: sein Ziel war, auf konstitutionellem
Weg das Ministerium Bekk zu stürzen und so die Linke zur Macht zu bringen,
um dann mit einer neuen Verfassung, die sich an die Frankfurter anschließen
sollte, ein betont demokratisches, aber immer noch monarchisch-konstitutionelles
Regime zu etablieren.

Goegg aber erstrebte die direkte Aktion und die Republik. Deshalb wollte er in
Renchen für sich „nur" den Platz des zweiten Vorsitzenden, der aber der organisatorische
Leiter sein sollte; deshalb sorgte er dafür, daß in die Gesamtleitung
entschieden republikanisch gesinnte Männer kamen, darunter einige badische
Politiker, die eben aus dem Gefängnis gekommen waren; deshalb wurde der Sitz
des „Büros" nach dem stets radikalen Mannheim gelegt.

Pressefreiheit, Grundrechte und Schwurgerichte

Die politische Arbeit der „Volksvereine", von Goegg straff geleitet, stützte sich
auf das neue Machtmittel der Pressefreiheit und des Vereins- und Versammlungsrechts
, das durch den § 30 der Frankfurter Grundrechte allgemeines deutsches
Recht geworden war. Innerpolitisch ging der Kampf vor allem gegen die liberalkonstitutionelle
Regierung Bekk, wobei man in der schärfsten, unverhüllt revolutionären
Tonart sprach: „Das Lumpenministerium in Paris tritt so wenig ab,
als unser Baptist Bekk abgetreten ist, obgleich ihn das ganze Land angespieen hat.
In neuerer Zeit treten Minister und Regenten nicht mehr ab, sie werden bloß
noch geköpft."

Den stärksten Auftrieb erhielt die politisch-revolutionäre Spannung in Baden
im März 1849 durch den Beginn der Schwurgerichtsverhandlungen gegen die
führenden Männer des Heckerauf Standes: ein Jahr nach der Revolte. Zwar war
schon am 16. Mai des vorhergehenden Jahres durch Gesetz bestimmt worden, daß
das Hofgericht des Oberrheinkreises in Freiburg alle seit dem März 1848 begangenen
politischen Verbrechen untersuchen und unter Zuziehung von Geschworenen
aburteilen sollte. Aber erst Anfang 1849 schloß das sehr langsam
arbeitende Gericht die Untersuchungen ab.

Die Verhandlungen, die am 20. März 1849 begannen, glichen Volksversammlungen
: so groß war noch nach einem Jahr das öffentliche Interesse. Das hatte
seine besonderen Gründe. Denn mit Bürgern besetzte Schwurgerichte war 1848

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