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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
45. Jahresband.1965
Seite: 152
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gefangen oder an seinem Gut geschädigt wird, so soll der Kastvogt die Leute von
Offenburg, von Gengenbach, von Zell und vom ganzen Land (= Grafschaft und
Landvogtei Ortenberg) an ihre eidliche Pflicht erinnern, daß sie mithelfen müssen,
den Gotteshausmann oder sein Gut wiederzuerlangen, soweit es ihnen möglich
ist." 74) Das war nichts anderes als das Landesaufgebot, und weil es eine
Hauptpflicht des Kastenvogts als Bevollmächtigter der Abtei war, so hören wir so
wenig davon in den rein klösterlichen Quellen.

Indessen war um 1500 die neue Militärverfassung Deutschlands auf das
Werbeverfahren umgestellt worden. Daher wurde obige Bestimmung nicht
mehr in M 1516 aufgenommen. Jedoch gehörte es zu den Pflichten der Abtei als
Kreisstand des Schwäbischen Kreises und als Reichsstand des Deutschen Reiches.
Der Abt mußte 3 Reiter und 150 Mann Fußsoldaten zu den schwäbischen Kreistruppen
stellen. Wegen des kleinen Territoriums hielt man in Friedenszeiten keine
stehende Truppe, wohl aber in Kriegszeiten. In solchen Krisenzeiten übte der Abt
seine Wehr-Hoheit aus und rekrutierte Soldaten mittels der Werbung auf
eigene Kosten, und zwar aus den laufenden Einnahmen, ohne besondere Steuer75).

Auf derselben Ebene wie die Wehrhoheit lag auch das allgemeine Schirm-
recht bzw. die Schirmpflicht des Abtes. „Der Abt zu Gengenbach hat
des Klosters Eigenleute, die auf der Eigenschaft' zwischen Schwigenstein und
Velletürlin wohnen, an Leib und an Gut zu schirmen, so gut er es vermag." 76)
Dieses Schirmrecht ist nur eine Seite des älteren Aufgebotsrechts und enthält fraglos
auch den militärischen Schutz. In dieser allgemeinen Form wurde gegen Ende des
Mittelalters die Wehrhoheit dargestellt, so auch in die Gesamtverfassung von
M 1516 aufgenommen und damit auch für die Neuzeit mit ihren geänderten
Verhältnissen anerkannt. Es war seine Sache, diese in geeigneter Weise nach Lage
der Dinge ausüben zu lassen.

Mithin mangelte dieses ursprünglich so wichtige Grafenrecht der Abtei nicht,
und sie besaß daher alle zur Ausübung der Grafschaft notwendigen Rechte. Wir
müssen deshalb den oft in Kaiserurkunden verwendeten Begriff „Grafschaft" mit
dem üblichen und vollständigen rechtlichen Inhalt versehen. Es bleibt freilich
fraglich, wie weit die Äbte davon Gebrauch zu machen verstanden.

Durch die Einrichtung der zuvor abteilichen Städte Gengenbach und Zell a. H.
zu Reichsstädten sowie des Reichstals Harmersbach 1366 übergab die
Abtei den neuen Reichsständen einen großen Teil ihres Grafschaftsterritoriums
als Herrschaftsgebiet mit vielen
öffentlich -herrschaftlichen Rechten über die neuen
Reichsstadtgebiete. Von dieser Eingliederung waren lebensnotwendige
Teile der Abteiherrschaft ausgenommen. Durch die Bestimmungen des Westfälischen
Friedens 1648 wurden noch weitere Gerichts- und Hoheitsrechte
den kleinen Reichsständen, also auch den Reichsstädten Gengenbach, Zell

74) L II 1331, 16.

75) Akten GK Staatserw. a. a. O. Fase. 3 Nr. 12, Frage 9 u. 10; ebenda Wichtige Komm.Akte, Frage 40.
7«) U. vom 30. April 1386, GK 30/78 § 3; M 1516, 64.

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