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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
45. Jahresband.1965
Seite: 274
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schaft und kaufte das längst feilgebotene Gut unter dem Namen der zukünftigen
Besitzerin Frau von Lom für 34 000 Gulden mit dem Versprechen, im April 1827
davon Besitz zu nehmen und es bar zu bezahlen, gab jedoch für den Kauf keine
Garantie als den Namen des polnischen Fürsten Franz Sapieha. Dieser unterschrieb
als Bürge für seine Gemahlin, die jedoch incognito unter ot«gem Namen
hier leben sollte. Eine undurchsichtige Sache!"

„Darauf verschwand die Herrschaft aus der Gegend wieder. Der Winter ging
vorüber, das Frühjahr kam, April und Mai gingen herum, aber die Käuferin kam
nicht. Jedermann hielt den ganzen Kauf für einen faulen Zauber und bedauerte
die arme Verkäuferin, als plötzlich die geheimnisvolle Dame unter dem Namen
einer Frau von Lom, jung, hübsch, etwa 28 Jahre alt, mit Wagen, Kutschen,
26 Pferden und vielen Bediensteten, wie vom Himmel gefallen, ihren Aussagen
nach jedoch direkt aus Polen kommend, auf Amalienberg ankam, um das Gut in
Besitz zu nehmen!"

„Ungeheuer war der Reichtum an Schmuck und Kleidern, an Equipagen und
Livreen, den sie mit sich brachte. Ihre wilden Pferde schienen zu Lämmern zu
werden, wenn sie sie ritt, mit einem Mut, mit einer Leichtigkeit ritt, wie man nur
je eine Frau reiten sah. Ihre Ankunft erfüllte die ganze Gegend mit Neugierde.
Solche Pracht hatte man selbst in Baden-Baden, ja selbst bei Hofe in Karlsruhe
noch nie gesehen. Alles, was sie tat, was sie unternahm, schien so sonderbar, die
Amazone selbst ein so wunderbares, tollkühnes, leichtsinniges und doch wieder
so anziehendes Wesen, daß aller Augen nur auf sie gerichtet waren. Der Hof,
Baden-Baden, die Gegend, das ganze Land sprach nur von ihr . . ."

Alles war da, nur kein Geld

Natürlich sprach „das ganze Land" bald nicht nur Gutes von Jeanette de Lom,
die sich selbst „die junge Wilde" zu nennen pflegte. Man rätselte an ihrer Herkunft
herum, niemand wußte Genaues. Und heute, nach weit über hundert Jahren,
können wir trotz langwieriger Nachforschungen noch immer nicht sagen, wer sie
in Wirklichkeit war. War Lom ihr Geburtsname? Im Stammbaum einer aus
Geldern und Xanten stammenden adeligen Familie gibt es für diese Zeit eine
Jeanette de Lom de Berg, verheiratet mit Napoleon le Conte, Major im 6. Linienregiment
. War es dieselbe Frau?

Oder war an dem Leutegerede etwas Wahres dran, in dem sie als frühere
Reiterin des Zirkus Franzoni, als Schauspielerin, als Kellnerin bezeichnet wurde?
Doch folgen wir weiter den Geschehnissen im Murgtal.

Alle Gerüchte um die geheimnisvolle, schöne Frau auf Amalienberg unterstützte
noch ein weiterer Umstand. Sie hatte aus Polen alles mitgebracht, nur kein Geld!
Weder Empfehlungen noch die zeitüblichen Creditbriefe konnte sie vorweisen.
Das Rastatter Bankhaus Meyer mußte, da es ohnehin schon 18 000 Gulden auf
dem Gut Amalienberg stehen hatte, ihr Kreditansuchen ablehnen. Die Geldnot
stieg aufs höchste. „Die Verleumdungen verfolgten sie mit Schlangenbissen . . ."

Da kam Rettung. Das Bankhaus Lafitte in Paris überwies aus St. Petersburg

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