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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
49. Jahresband.1969
Seite: 77
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1969/0079
1. Die Beweglichkeit der Menschen ist unendlich viel größer geworden. Motorrad
und Auto öffnen die Landschaft. Der hörige Bauer, der Zeit seines Lebens
über das Weichbild des Ortes nicht hinauskam, ist längst in Vergessenheit geraten.

2. Die bäuerlichen Arbeitsbedingungen wurden durch die Maschinen wesentlich
erleichtert, die Arbeitsvorgänge wesentlich beschleunigt.

3. Radio und Fernsehen öffnen die Welt, erweitern das Blickfeld, geben Unterhaltung
und Belehrung, drängen zugleich aber auch das persönliche Gespräch und
die ursprünglichen, alten Unterhaltungsformen zurück.

4. Die Zahl der Vollbauern ist stark zurückgegangen. Die Besitzer mittlerer
und kleinerer Betriebe suchen sich gewöhnlich zusätzliche Arbeit in der Industrie.

5. Gestiegen ist die Zahl der Industriearbeiter und der kaufmännisch Tätigen.
So ist, wie in anderen Landorten, eine Veränderung des sozialen Gefüges im
Gange, die noch keineswegs abgeschlossen ist.

Nachwort

Wir haben die Geschichte unseres Ortes miterlebt, wie sie sich im Laufe der Jahrhunderte
abwickelte, wir haben dabei im Spiel von Rückschlägen und Erfolgen
eine stetige Entwicklung erkennen können. Im übrigen ist man bei der Betrachtung
von Ortsgeschichten gewöhnlich mit zwei formelhaften Wendungen zur Hand, von
denen die eine von der „guten alten Zeit" spricht, die andere dagegen rühmend
hervorhebt, wie wir es doch „so herrlich weit gebracht". Beide Formeln fordern
die Kritik heraus. Daß „die gute alte Zeit" denn doch nicht so gut war, läßt sich
auf Schritt und Tritt zeigen. In der Wendung, daß wir es so „herrlich weit gebracht
", scheint andererseits das Leben nur von der äußeren, der technischen Seite
her bewertet zu sein. Demgegenüber darf vermutet werden, daß die Menschen
früher ein innigeres, gefühlvolleres Verhältnis zu ihrer Umwelt hatten, als dies
heute in einer rationalisierten und technisierten Welt der Fall ist, daß sie ferner
die einfacheren und selteneren Freuden ihres oft so mühseligen Daseins tiefer und
kräftiger erlebten als die Heutigen ihre mannigfachen Zerstreuungen und Genüsse.
Und trotzdem: Wer wollte die Welt von damals mit ihrer Mühsal und Plage
wieder herbeisehnen? Wer wollte den Dreschflegel schwingen, sich am Webstuhl
krümmen, das Wasser am Ziehbrunnen holen? Kaum einer! So werden wir unsere
Zeit, wie sie nun einmal ist, bejahen und uns bemühen, mit ihr zurechtzukommen.

Eine Ortsgeschichte aber wird, mit Verständnis gelesen, uns wieder enger an die
heimatliche Welt heranführen. Sie schafft die Verbindung mit den vergangenen
Geschlechtern, verbürgt die Kontinuität des Erlebens und hebt so den Menschen
heraus aus der Reihe der anderen Wesen, die nur eine beziehungslose Gegenwart
kennen. Sie berührt naturgemäß zunächst und vor allem die Bewohner des betreffenden
Ortes, die Menschen, denen dieser Ort Heimat ist oder war, Heimat, aus
der ihnen die Urbilder des Lebens zuströmten. Die Ortsgeschichte braucht deshalb
den Gesichtskreis nicht zu verengen. Denn auch als Nebenszene ist sie Teil des
großen Geschichtsdramas, an dem wir alle irgendwie beteiligt sind.

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