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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
49. Jahresband.1969
Seite: 185
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Anfangs ging alles recht und gut, wie bei der Glashütte. Ein großer Teil der Farbe
wurde im In- und Ausland in den Handel gebracht, der Rest wurde auf der Glashütte
zum Färben ihrer Gläser, Tiegel, Schalen und dergleichen verwendet.

Von der Mitteleck wurde die Kobaltfabrik im Jahre 1776 wie schon die Glashütte
nach Nordrach-Kolonie, wie schon eingangs erwähnt, verlegt. Aber auch hier wurden die
Absatzschwierigkeiten nicht besser, trotz privater Unterstützung. Im Jahre 1809 übernahmen
die Handelsleute Diels und Schneider in Lahr und Stolz aus Gengenbach das
Fabrikanwesen. Die damalige Großherzogliche Regierung verlieh ihnen das Privileg für
die Fabrikation der Blaufarbe im ganzen Mittelrheinkreise auf 15 Jahre. Außerdem erhielten
sie die Erlaubnis eine Pottasche-Siederei zu betreiben. Auch 15 Jahre Steuerfreiheit
für ihre Fabrikation und die Fabrikate, nur Zölle und Straßengelder waren ausgenommen.

Auch dieses Werk lag während der Napoleonischen Kriege fast völlig still. Dann ging
es unaufhaltsam dem Ende entgegen. Samuel Dukas, der die Glashütte kaufte, erwarb
zu gleicher Zeit auch die Kobaltfarbik mit. So kam sie auch im Jahre 1889 an Dr. Walther,
und wurde somit auch in die Heilstätte mit einbezogen.

Nachdem im Jahre 1803 das Kloster aufgehoben worden war, fiel der ganze Klosterbesitz
in Nordrach-Kolonie an die Großherzogliche Domäne. Das ganze Gebiet auf der
Mitteleck, wo früher die Glashütte und die Glaserhäuschen standen, wurden nach und
nach wieder aufgeforstet. Da das Holz in der Zwischenzeit wieder wertvoll geworden
war, so wollte man möglichst viel Wald. Bei der Aufforstung wurden auch die Höhenhöfe
abgerissen.

Für die Leute, die schon jahrhundertelang mit der Scholle verbunden waren, war der
Abschied schmerzlich. Die Bewohner konnten zwar ihre bewegliche Habe mitnehmen.
„Aber wohin?" lautete die große Frage. Die Regierung wollte die damaligen Höhenhofbesitzer
in Langenwinkel bei Lahr ansiedeln, was aber abgelehnt wurde, mit dem Bemerken
, daß sie zwar noch nicht dort gewesen seien, aber so viel gehört haben, daß es in
einem üblen Ruf stehe. Die Aufforstung dieser Höhenhöfe wirkte sich auch verhängnisvoll
auf die Taglöhner und ehemaligen Fabrikarbeiter drunten in der Kolonie aus. Allein auf
den drei Höfen Hilseck, Mitteleck und Schäfersfeld pflanzten 25 arme Familien ihren
jährlichen Kartoffelbedarf an. Doch auf all dieses nahm die damalige Regierung keine
Rücksicht. Nach der Verfügung des Großherzoglich Badischen Direktoriums des Kinzigkreises
vom 13. April 1822, Akten-Nr. 5748, wurde endgültig die Aufforstung und der
Abbruch der Holzgebäude verfügt. Pächter des Mitteleckhofes war damals Jakob Schwarz,
65 Jahre alt mit Frau und sechs unversorgten Kindern. Der Pächter des Hilseckhofes war
Michael Zepherer mit Frau und sieben Kindern. Von dem Pächter des Schäferfeldhofe?,
Joseph Braun, fehlen die Familienangaben. Ähnlich wie diesen vorgenannten Höfen erging
es den übrigen. Es würde aber im Rahmen dieses Aufsatzes zu weit führen, all die Einzelheiten
und Umstände aufzuführen, weshalb einmal in einem späteren Beitrag die Schicksale
dieser Höfe und ihrer Bewohner näher und eingehender dargelegt werden. Bemerkt
sei nur noch, daß das Hofgut des Sales Schaaf, das Privatbesitz war, 103 Morgen groß
war, von der Domänenverwaltung für die Summe von 4000 Gulden aufgekauft wurde.

Durch die vorstehend genannten Umstände wurden die Bewohner der Kolonie
immer mehr „zusammengepfercht", wie es in einem Bericht des Bezirksamtes
Gengenbach heißt, und verarmten vollständig. Da die Unterstützung der Erwerbslosen
gering war, blieb ihnen nichts anderes übrig, wie als Bettler durch die
Gegend zu ziehen und durch die Mildtätigkeit guter Leute ihr Leben zu fristen.
Die unvermeidliche Folge hiervon war, daß die Menschen aller sittlichen und
religiösen Gefühle bar, durch ihr Elend auf das Äußerste gebracht, sich einer Leichtfertigkeit
und Liederlichkeit hingaben, die keine Grenzen kannte, und um so nachteiliger
wirken mußte, da dieses noch ihr einziger Erwerbszweig war, der jedoch
einen höchst nachteiligen Einfluß auf die ganze Umgegend hatte, und die Unter-

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