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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
49. Jahresband.1969
Seite: 345
(PDF, 74 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1969/0347
Tiefenau lautet donc uff der tieffen wis, es war also ein Tungort, wurde zuvor
Tiefenung genannt, in der Gegend auch heute noch. Dagegen zählt die Ebenung
nicht zu den Tungorten, denn es liegt nicht auf einem Tung, sondern 80 m höher
in den Vorbergen und hieß früher Ebenat, ist aber den Nachbarortsnamen angeglichen
worden, wie auch Lichtenau in der Gegend zum Lichtenung geworden ist.
Die Namen Weitenung, Leiberstung und Halberstung können aber nicht in diese
Gruppen eingereiht werden. Weitenung zwar leitet man fast allgemein von den
vielen Weiden = Wieden her, die auf dem Tung wucherten. Ernste Forscher aber,
wie der Pfarrer Reinfried aus Bühl, führen die Namen der drei Orte auf die
fränkischen Männernamen Wido, Leupold und Halibert zurück. Wie kamen nun
diese drei Franken zu der Ehre, in den Ortsnamen verewigt zu werden? Eine
Untersuchung der Tunge ergab, daß sie unbewohnt waren. Von ihnen drohte also
den Franken keine Gefahr. Von den Hursten wußte man das nicht. Daher wurden
sie von auf den Tungen postierten Kriegern dauernd beobachtet, um Gefahren
frühzeitig zu erkennen und den Posten in den Vorbergen zu signalisieren. Diese
Postenstellen wurden nach den Führern benannt und wurden Widos, Leupolds
und Haliberts Tung, die dann auch auf die Inseln und die Siedlungen darauf übertragen
wurden. Weitenung wurde 884 erstmals erwähnt. In den über tausend
Jahren seines Bestehens wurde sein Name von Schreibern willkürlich abgeändert.
Es sind über 20 Änderungen bekannt, unter denen die Bezeichnungen Wittenheim
und Widenhendung die auffallendsten sind. Die Weitenunger, die wie alle Franken
und Alemannen weder schreiben noch lesen konnten, wußten von all diesen freien
Schöpfungen der Schreiber nichts und blieben, auch nachdem sie nun seit rund
200 Jahren den Ortsnamen Weitenung lesen und schreiben können, der ursprünglichen
Aussprache treu: für sie ist ihr trautes Dorf immer noch das alte Widdenung.

Man erkennt aus diesen, wie aus vielen anderen Beispielen, daß die Mundarten
bei der Erforschung von Orts- und Flurnamen zuverlässige Aufschlüsse geben
können. Aber auch bei Ding- und Personennamen, wie die folgenden Ausführungen
zeigen werden. Die Mundart macht bei den Inselbezeichnungen eigenartige
Unterscheidungen: die von Personennamen abgeleiteten werden ohne, die anderen
nur mit einem Artikel gebraucht: Man geht nach oder auf Weitenung, Leiberstung,
Halberstung, aber in die Bürtung, in die Schiftung, auf die Eich tung; man kommt
von oder aus Weitenung, Leiberstung, Halberstung, aber von der Buchtung, aus
der Schiftung, von der Rüstung usw. Nach der gleichen Sprechregel werden auch
die um 1500 herum erstmals genannten Orte Varnhalt und Gallenbach gebraucht
. Die Stellen, an denen sie ganz nahe beieinander entstanden sind, waren
schon lange vorher die Halde mit Farn und der Bach mit Schilf/calmus bewachsen.
Das eine war die Farnhalde, das andere der Calmbach. Man ging in die Farnhalde,
bzw. an den Calmbach. Und diese Form ist bis heute auch für die Dorfbezeichnungen
festgehalten worden: Man geht ind Varnhalt, ind Gallebach und ist aus
der Varnhalt, von der Gallenbach. Diese beiden Beispiele aus neuerer Zeit untermauern
die Behauptung, daß die mundartlich mit einem Artikel gebrauchten
Namen sich auf Dinge und nicht auf Personen beziehen. (Meine Ausführungen

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