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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
51. Jahresband.1971
Seite: 22
(PDF, 52 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1971/0024
Der Krieg und seine Folgen haben überdies auch spezifische Auswirkungen auf die Forschungsarbeit
Paul Brauns gehabt. Als er 1940 als Soldat in Polen war, da sah er einen
Hügel, der ihm als Kenner fundverdächtig aussah; er suchte dort und machte reiche steinzeitliche
Funde. Als er nach 1943 aus dem Wehrdienst entlassen wurde, da kümmerte er
sich um die Sicherstellung der Stadtgeschichtlichen Sammlungen im Hinblick auf den Bombenkrieg
. So ist es ihm zu verdanken, daß die einzigartige Sammlung der Baden-Badener
Porzellan-Manufaktur aus dem 18. Jahrhundert und anderes Zerbrechliches in einem
Tresor im Kellergeschoß untergebracht wurde und es so heute noch vorhanden ist. Als er
dann 1945 wieder eingezogen wurde und in französische Gefangenschaft geriet, die bis 1948
dauerte, da ließ auch dort sein Forschungseifer nicht nach. Im Kriegsgefangenenlager hatte
man Gemüsebeete angelegt und die dabei hinderlichen Steine auf einen Haufen geworfen.
Als Paul Braun einmal da vorbeiging, sprang eine Katze weg, sie war auf einem prähistorischen
Steinbeil gesessen; er fand dort noch drei weitere.

Die Bedeutung der Arbeit Paul Brauns kann man vielleicht daraus ermessen, daß man im
Jahre 1937 im Jahresband der Badischen Heimat nachlesen kann, daß von der Altsteinzeit
in unserer Gegend jede Spur fehlte und von einer festen Besiedelung in der Jungsteinzeit
nicht die Rede sein könne. Seit dieser Zeit hat Paul Braun Hunderte von Fundstellen aufgespürt
und so bewirkt, daß die bisher leere Fundberichtkarte zahlreiche stärkere und
schwächere Tupfen erhalten hat. Paul Braun wies nach, daß im Mesolithikum, in der Mittleren
Steinzeit, 7000—3000 vor der Zeitwende, unsere Gegend verhältnismäßig intensiv
besiedelt war. Vor allem die umfangreichen Funde in Halberstung mit ihrem Jaspis-Material
waren aufschlußreich. Durch zahlreiche Funde konnte er Beziehungen aus mittelsteinzeitlicher
Besiedlung auf dem Seelachgelände und dem Murgtal eindeutig nachweisen. Es ist
gänzlich unmöglich, hier alles aufzuzeigen, was Paul Braun fand und deutete. Es sei nur
noch einiges stellvertretend genannt: das Urnengrab auf dem Heizenacker bei Oos aus der
Hallstattzeit, die Funde aus der Fliehburg auf dem Battert, die zahlreichen Funde aus der
Römerzeit, die Terrasigelata-Funde, die Keramikfunde aus der Langenstraße, die Funde
bei dem Neubau im Bäderviertel. Auch die karge Geschichte der Alemannenzeit belebte er
durch Funde der Familiengräber auf der oberen Haul. Noch zu nennen sind die Funde
aus dem Brandschutt des Alten Schlosses.

Das, was Paul Braun tat, ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Lebenswerk. Als Autodidakt
erwarb er ein Wissen, um das ihn mancher Akademiker beneiden kann. Darauf
fußend wies er im hiesigen Gebiet über 250 Stellen vorgeschichtlicher Besiedlung nach,
neben vielen anderen Funden. Und immer noch ist er unermüdlich forschend tätig.

Seit dem Tode des hochverdienten Fachmannes auf dem Gebiet der Geologie der Baden-
Badener Senke, Prof. Dr. Bilharz, auch einem Heimatpreisträger, hat sich Paul Braun ein
zusätzliches Betätigungsfeld gesucht. Es war zwar naheliegend, daß man sich auf dem
Gebiet der Forschung der Ur- und Frühgeschichte randweise mit der Geologie beschäftigen
muß. Der Forschungseifer Paul Brauns erstreckte sich auch auf dieses Gebiet; auch hier
wieder mußte er sich alles autodidaktisch aneignen und die Erfolge blieben nicht aus.
Wochenende auf Wochenende bringt er beachtliche Fundstücke mit. Er schließt hier eine
Lücke, die durch den Tod von Prof. Dr. Bilharz gerissen war.

Einer der bekanntesten Heimatforscher und Heimatschriftsteller, Hermann Eris Busse, hatte
einen Wahlspruch: „Nit luck loo", ich darf das für Nichtallemannen zwar etwas unzulänglich
interpretieren: nicht nachlassen in seiner Tätigkeit. Das könnte auch der Wahlspruch
Paul Brauns sein. Das Wort bedeutet keine billige oder eitle Reflexion, sondern ist
der tatsächliche Inhalt seines vitalen und unverwüstlichen Seins. Man kann wirklich von
einer sachbezogenen Besessenheit sprechen; er forschte aus Liebe zur Sache. Eng damit
geht einher, daß es Paul Braun nicht liegt, um Sympathie zu werben, er meidet das Aufsehen
, den lauten Lärm der Öffentlichkeit, er gehört zu der Kategorie der Stillen im Lande.
Er imponiert deshalb durch die natürliche Schlichtheit seines Wesens, durch die Geradheit
und Offenheit seines Handelns und insbesondere durch seinen nie nachlassenden Fleiß und
Eifer. Beruflich ist er jetzt in den Ruhestand getreten. Er und alle Heimatfreunde mit

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