Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
51. Jahresband.1971
Seite: 69
(PDF, 52 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1971/0071
so groß, daß die Beichtväter bis nachmittags zwei Uhr zu tun hatten. Hunderte
kehrten nüchtern heim, ohne Gelegenheit gehabt zu haben, die Sakramente zu
empfangen05. Zwei alte Breviere erwähnten für das Jahr 1702 und 1727, daß auf
Mariä Geburt die Kirchenbesucher sogar einen vollkommenen Ablaß gewinnen
konnten66.

Ein religiöser Frühling setzte ein, der immer herrlichere Früchte reifen ließ.
Während 1644 3500 Pilger kommunizierten, waren es 1658 bereits 5258 Kommunionen
, 1669 6942, im Jahr 1670 7264, im Jahre 1674 schon 9789, darunter
viele Generalbeichten. Die Zahl stieg im Jahre 1715 auf 14 000 Kommunionen,
1760 auf 18 000 und erreichte 1768 mit 20 000 Kommunionen den Höchststand.
Unermüdlich waren die Patres an den Wallfahrtstagen im Beichtstuhl, den sie
oft nicht vor ein Uhr nachmittags verlassen konnten. Wenn man bedenkt, wie
dünn damals die Ortschaften besiedelt waren, wie beschwerlich noch das
Nüchternheitsgebot für die zu Fuß gekommenen Wallfahrer war, da ahnt man,
was für Opfer die Gläubigen in ihrer Begeisterung für die Gnadenmutter gebracht
hatten.

Für die Pilger der Lindenkirche verfaßte Pater Schommartz zwei Gebetbücher.
Ein schönes handgeschriebenes, mit Bildern versehenes Exemplar, in Leder gebunden
, noch im Pfarrarchiv enthalten, wurde wahrscheinlich für den persönlichen
Gebrauch der Markgräfin Maria Viktoria angelegt". Ein anderes wurde 1755
gedruckt. Es enthielt kurze Anweisungen für das christliche Leben und bringt
kernige Gebete. Über die Beichte heißt es:

alle acht Tage ist nicht zu oft,

alle vierzehn ist nicht zu wenig,

alle vier oder sechs Wochen, das geht und steht,

alle Quartal beichten die Kinder,

und alle Jahre nur einmal die leichtsinnigen Christen.

An Festtagen fand der gesamte Gottesdienst in der Lindenkirche statt und war oft
so stark besucht, daß die Pfarrkinder zurückstehen mußten und nur die Auswärtigen
einen Platz erhielten. Unermüdlich waren die Jesuiten in der Seelsorge tätig.
Was der Chronist allgemein für das Jahr 1747 sagt, gilt besonders für die Seelsorge
in Ottersweier: Die ungebildeten und einfachen Leute wurden hier und
außerhalb der Stadt durch Predigten und Katechesen unterrichtet, sehr viel Sünder
zur Buße angeleitet und zu einem besseren Leben geführt. Selbst von den Protestanten
fanden sich immer welche ein, die zur katholischen Kirche zurückkehrten.
So werden für das Jahr 1673 neun Konversionen gemeldet. Das Volk war damals
noch wenig im Glauben unterrichtet, wohl war es nicht überall so schlecht bestellt
wie in Hundsbach, von wo berichtet wird, daß die dortigen Holzfäller und Köhler

65 Ebda., S. 140.

66 FDA 18 (1880), S. 15.

67 Im Privatbesitz der Familie Sackmann zu Ottersweier befindet sieh ein handgeschriebenes Gebetbuch mit
dem Titel: Mein Gott und mein alles — Christliche Gedanken auf jeden Tag des ganzen Jahrs, nebst
einer monatlichen Gewissenserforschung, zusammengesetzt zu Ottersweier 1772 von P. Petrus Schommartz
SJ, Bete für ihn — 153 Seiten, Format 16 X 11 cm.

69


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1971/0071