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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
51. Jahresband.1971
Seite: 96
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Abb. 6

Aujn.: Pfarrer Dr. Jörg Zink

(Jes. 25, 8); die Drachenschwänze werden so an den Mund herangeführt, daß die
Illusion des Verschlingens erweckt wird16. Die Deutung der Freudenstadter Köpfe
auf Christus hin gewinnt weitere Wahrscheinlichkeit durch die Interpretation von
Herbert Schade; für ihn ist der Langhaarige und Bärtige derjenige, der nach Job
(26. Kap.) „die Wasser bindet und . . . mit Hebammengriff den gewundenen
Drachen heraufführt". Auch hier können wir auf altorientalische Darstellungen
verweisen, bei denen ein göttlicher Heros oder der den Gott auf Erden repräsentierende
König die bezwungenen Tiere an je einem Bein packt und in der Gebärde
des Siegers mit ausgestreckten Armen in die Luft hält17.

Die zentrale Darstellung des Beckenfrieses symbolisiert den Sieg Christi über das
Böse in der Welt. Diesem Leitmotiv ordnen sich die anderen Tierdarstellungen
unter. Da ist zunächst der Hirsch (= Sinnbild des gottsuchenden Menschen), der
das Gift der Schlange (= Sünde) ausspeit; das besagt auch die lateinische Beischrift
: Evomit infusum homo cervus ab angue venenum. Das Hirsch-Schlangen-
Motiv ist auf eine in Alexandria (2./4. Jahrhundert) entstandene Schrift namens
Physiologus zurückzuführen; darin werden zahlreiche medizinisch-magische Fabeln
der Antike mit biblisch-christlichen Allegorien verbrämt. In einer jüngeren
Fassung dieses Tierbuches heißt es, daß der Hirsch mit der geschluckten Schlange
zu einer Quelle laufe und mit Hilfe des Wassers das Gift ausspucke; und dann
folgt der biblische Vergleich: „Wie der Hirsch sich sehnt nach frischem Wasser,
so sehnt sich meine Seele nach dir, o Gott" (Psalm 42, 2). Also eine ganz bewußte
Anspielung auf die Taufe.

Daß das Vorderteil der Schlange aus dem Mund des Hirsches heraushängt, deutet
bereits den Vorgang des Ausspeiens an; in der romanischen Plastik ist der Kopf
häufig das beste Indiz für die Bewegungsrichtung des Verschlingungsmotivs (z. B.

16 Wera von Blankenburg: Heilige und dämonische Tiere. Die Symbolsprache der deutschen Ornamentik
im frühen Mittelalter. Leipzig 1943, S. 293 ff. Zu dem Motiv auch Heinz Köhn: Romanisches Dradien-
ornament in Bronze- und Architekturplastik. Straßburg 1930, S. 101 f., 122 f.

17 Herbert Schade: Dämonen und Monstren. Gestaltungen des Bösen in der Kunst des frühen Mittelalters.
Regensburg 1962, S. 71. Zu den altorientalischen Beispielen vgl. Anton Moortgat: Tammuz. Der Unsterblichkeitsglaube
in der altorientalischen Bildkunst. Berlin 1949, S. 12, Taf. 26 (a) und 62 (e).

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