Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
51. Jahresband.1971
Seite: 141
(PDF, 52 MB)
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unseren Garten. (Am Nachmittag bekam die Ziege vor Aufregung noch Junge!)
— Wer helfen konnte, half; aber es war fast niemand da.

Auf einmal überkam mich Angst, wir hatten überhaupt nicht geschaut, ob unser
Haus nicht auch irgendwo brannte. Doch, Gott sei Dank, hatten die Einschläge
auf dem leeren Speicher keine Nahrung gefunden. Mutter begann, Löschwasser
für uns zu pumpen. Die Wasserleitung ging nicht, wir hatten schon längere Zeit
keinen Strom mehr. Ich füllte das Wasser in leere Waschzuber auf dem Dachboden
und in den Schlafzimmern. Es war klar, daß wir uns später sehr gegen
einen Übergriff des Feuers würden wehren müssen.

Mein Vater und meine Schwester Elfriede halfen Adlerwirts, das riesige, brennende
Haus auszuräumen. Hedwig versuchte bei Bohnert Kaspars zu retten, was
noch zu retten war. Vögeles Haus brannte lichterloh, und kein Mensch war da.
Auch aus Deckers Haus schlugen die Flammen. Qualm, Feuer, Rauch, wohin man
sah! —

Jemand schrie an Adlerwirts Waschhaus: „Vorsicht, hier lagern 50 000 Schuß
Munition. Wenn die losgeht, wissen wir nicht, was passiert!" — Unsere Aufregung
und die Gefahr für unser Haus wuchsen. Überall waren nur todunglückliche, jammernde
Menschen, brüllendes Vieh, ein Heerlager geretteter Habseligkeiten in unserem
Hof und Garten. Man hätte nur mit hinausschreien mögen!
Wieder fing ich an, Wasser auf unseren Speicher zu schleppen, Eimer um Eimer.
Mutter nahm die Vorhänge im Haus ab und schaffte unsere Betten auf die
Veranda. Es war soweit, das Riesenfeuer im „Adler" war nun direkt vis-ä-vis.
Das Waschhaus brannte lichterloh, sechs Klafter Holz und 1000—2000 Reisigwellen
lagerten darin. Es gab ein wahres Höllenfeuer und eine Hitze zum
Schmoren. — Elfriede und ich standen die nächsten zwei Stunden auf unserem
Balkon, pumpten mit der Luftschutzspritze unentwegt Wasser über Schindelgiebel
und Vorderfront unseres Hauses. Zuletzt war es nur möglich mit nassen
Tüchern vor dem Gesicht und der Luftschutzbrille vor den Augen. Immer wieder
mußten wir uns gegenseitig abspritzen, damit wir es überhaupt vor Hitze aushalten
konnten. Unsere Nachbarn schleppten nun Wasser für uns, und wir spritzten
Dach und Schindelwand, auf denen das Wasser nur noch dampfend aufzischte
, immer weiter ab. — Was tat es, daß nach 2 Y< Stunden unser Haus
unbeschreiblich aussah, daß Schleiflack und Linoleum in den Zimmern vor Hitze
Blasen warfen, daß riesige Wasserpfützen überall im Hause standen? Wir hatten
unsere Heimat gerettet, das war viel wichtiger, und wir dankten Gott dafür.
Mutter hatte zu kochen begonnen, als der schlimmste Ansturm vorüber war, und
die Gißler Theres statt ihrer Wasser pumpte. Mit Adlerwirts und Fautzens, dem
Glück Sepp, dem Willmann Schorsch und der Mariann haben wir auf der Veranda
gegessen. Es war etwa 3 Uhr nachmittags, und wir wußten jetzt, daß auch Büß
Erichs Haus, Haas Ludwigs, Wußler Polizeis, Fautz Josefs, Heizmann Augusts,
Müller Franzens, Ette Schmieds Haus und das von Jester Engelbert und Fischer
Sepp, Sonnenwirts Ökonomie, Jehles Brauerei, die Wirtschaft und Jehles Ökonomie
und das alte Wohnhaus brannten. — Niemand war bei uns im Unterdorf zu

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