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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
54. Jahresband.1974
Seite: 42
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Worin besteht nun der Wert und die Faszination der erhaltenswerten Altstädte
?

Dieter Wildemann hat die Antwort auf diese Frage besonders treffend
charakterisiert: „Der geschichtliche Wert älterer Stadt- und Dorf Zentren
besteht nicht allein in ihren klassifizierten Baudenkmalen. Straßen und
Plätze schließen sich optisch zu Einzelräumen, bewirken verdichtetes Leben
und Erleben und geben das Gefühl des Geborgenseins. Nichts ist in
diesen Räumen groß oder klein. Alles steht im Vergleich zueinander und
ist bezogen auf das menschliche Maß. Der größte Platz, der Markt, bleibt
überschaubar. In lebendigem Wechsel öffnen und schließen sich die Freiräume
in bewußt differenzierter Platzfolge. Das Prinzig der Ordnung und
Einordnung, der Einheit in der Vielfältigkeit, des in und über allem spürbaren
Maßstabes ist Kennzeichen der Stadtbaukunst der vergangenen
Jahrhunderte." 2

Neben den geschilderten städtebaulichen Werten zeichnete sich die historische
Stadt durch eine ausgewogene soziale Struktur aus, die innerhalb der
schützenden Mauern bei konstanter bebaubarer Fläche zu einer fast gleichbleibenden
Bevölkerungszahl über Jahrhunderte führte. Somit war die
Leistungsfähigkeit der einzelnen Kommunen bei aller struktureller Vielfältigkeit
begrenzt. Handel, Gewerbe, Verkehr und bauliche Aktivitäten
mußten aufeinander abgestimmt werden und führten zu einer Ordnung,
die nur über lange Zeiträume entstehen konnte. Mit dem Einsetzen der
industriellen Revolution im 19. Jahrhundert wird diese Ordnung in Teilbereichen
zerstört, und dennoch strahlen die Städte trotz mannigfaltiger Entwicklungen
und Umwandlungen, immer noch eine Harmonie aus, da sich
die formenden Kräfte an der Stadtbaukunst der vergangenen Jahrhunderte
orientierten.

Aber die einzelnen schmerzlichen Fehlentwicklungen des 19. Jahrhunderts
sind in vielen Fällen jedoch reparabel und können in keiner Weise mit den
neuzeitlichen Gefahren, die den letzten individuellen Stadtgesichtern drohen
, verglichen werden. Die große Bedrohung der baulichen Überlieferung
ist nicht in der Verbauung oder Teilzerstörung einzelner Gebäude zu
suchen, welche wir täglich hinnehmen und bis zu einem gewissen Grad
bei einem lebendigen Stadtorganismus sogar voraussetzen müssen.3

Die Vernichtung der historischen Lebensräume beginnt in der Mitte des
20. Jahrhunderts in zunehmendem Maß mit dem unverkennbar verblassenden
öffentlichen Interesse an den geschichtlichen Werten. Hinzu kommen
die neuen Lebensgewohnheiten und Ansprüche einer veränderten mobilen
Gesellschaft. Die neuen Wertkategorien verdrängen die wirtschaft-

2 Dieter Wüdemann, Erneuerung denkmalwerter Altstädte, 1971.

3 Damit soll nicht die verhängnisvolle Salamitechnik einiger Kommunen angesprochen werden.

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