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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
54. Jahresband.1974
Seite: 44
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1974/0046
Trotz Ölkrise und lautstarken Appellen der Soziologen und Stadtplaner
stellt die wachsende Verkehrsentwicklung immer noch eine nicht zu unterschätzende
Gefahr für die historische Altstadt dar. Der Bazillus Auto
zerstört nach wie vor unsere Städte.

In der mittelalterlichen Stadt lagen Wohnung und Arbeitsstätte meistens
im gleichen Haus oder nur minimal voreinander getrennt. Einen Berufsverkehr
kannte man damals nicht. Es gab keine Entfernungen; denn die
mittelalterliche Stadt war in wenigen Minuten zu durchschreiten. Ausgeprägte
Funktionsunterschiede der Straßenräume — wie sie uns heute geläufig
sind — existierten früher nicht. Die Durchfahrtsstraße diente gleichzeitig
als Zufahrtsstraße, das Be- und Entladen wurde in den engen und
winkligen Gassen ohne Behinderung durchgeführt. Eine Beeinträchtigung
des Fußgängers war nicht gegeben. Alles fand gleichzeitig in einem Raum
auf einer Ebene statt.

Betrachtet man die historischen Städte in unserem Zuständigkeitsbereich,
so stellt man fest, daß die Straßenräume — von geringfügigen Ausnahmen
abgesehen — im wesentlichen erhalten blieben. Auch die Funktionen dieser
Straßen haben sich nur geringfügig verändert.6

Aber der immer stärker werdende Individualverkehr und die um ein Vielfaches
angewachsenen Aktivitäten drängen zu einer Veränderung des
gewachsenen Straßengefüges, da der alte Raum heute unmöglich alle Aufgaben
gleichzeitig erfüllen kann.

Ferner liegen die Hauptfunktionen des städtischen Lebens — das Wohnen,
das Erholen, Arbeiten, Einkaufen und Verwalten — nicht mehr in räumlicher
Nähe zueinander. Das Kennzeichen unserer Städte besteht nicht in
der Nähe aller Dinge, sondern in der Entfernung.

Wenn wir nun die immer größer werdenden Entfernungen in der heutigen
Stadt berücksichtigen, den Faktor Zeit mit einplanen und die vorhandenen
oder gewünschten Funktionen auf das gewachsene Straßennetz verteilen
wollen, so müssen wir ein differenziertes System von Stadtstraßen schaffen
, in denen Kommunikation wieder möglich wird.

In den Nachkriegs jähren prägte man den Begriff der verkehrsgerechten
Stadt und begann zum Teil mit großangelegten Verbreiterungen, Freilegungen
und Durchbrüchen und erreichte nach Jahren das gleiche, was man
schon nach dem Abbruch der mittelalterlichen Tore feststellen konnte: Die
Beseitigung der einstigen Filter förderte das Verkehrsaufkommen erheblich
und nach geraumer Zeit floß der Strom zähflüssig durch die Hauptstraßen
, da die riesigen Öffnungen immer mehr Autos angezogen hatten
.

6 In diesem Zusammenhang sollen die städtebauhistorischen Fehlplanungen in Hausach unberücksichtigt
bleiben, da diese Stadt unter dem Gesichtspunkt der Stadtensemblepflege für den Denkmalpfleger an
Bedeutung verloren hat und nur noch für den Historiker besonders Interesse genießt.

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