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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
54. Jahresband.1974
Seite: 121
(PDF, 59 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1974/0123
Marien-Apotheke

(Achern, Baden-Baden, Gengenbach, Lahr, Oberkirch, Zell am Harmersbach
)

Das häufige Vorkommen von Marien-Apotheken ist nicht von der in
katholischen Gegenden anzutreffenden Marienverehrung zu trennen. Auf
Befragung, warum für eine nach dem 2. Weltkrieg aufgemachte Apotheke
dieser Name gewählt wurde, gab der Besitzer die Antwort, daß er aus
persönlichem Erleben heraus eine besondere Beziehung zu Maria habe.
So kann die Apotheke aus Dankbarkeit für gewährte Hilfe den Namen
der heiligen Fürbitterin erhalten haben, ja selbst zu einer Art Votiv-
gegenstand werden. Häufig ist die aus innerer Religiosität entsprungene
Namengebung in einer liturgisch-symbolischen Tradition verankert.

Schon zur Zeit Karls des Großen wurde ein ursprünglich griechisches
Gebet in der abendländischen Kirche aufgenommen: „Unter deinen
Schutz, heilige Gottesgebärerin, flüchten wir unsere Gebete". 1219 verfaßte
Cäsarius von Heisterbach seine „Miraculi", in denen der Anruf der
Gottesmutter mit zahlreichen Erzählungen erreichter Hilfe verbunden
ist. Für alle Krüppel und Siechen wird Maria zum salus infirmorum, zum
Heil der Kranken. Ein auf das Hohelied (4, 12 und 15) zurückgehendes
Mariensymbol ist der „puteus aquarium viventium", die Jungfrau selbst
wird als Brunnen des lebenbringenden Wassers, als Quelle des Heils
erschaut. Konrad von Würzburg (1287 t) pries Maria in seiner „Goldenen
Schmiede" regelrecht als „apotheke wunniglich", und der zweihundert
Jahre später lebende Heinrich von Laufenberg verherrlichte sie als „der
Welte Arzenei, die alls Unkraut hat ausgereutt".8 Durch die spätgotischen
Maler wurde diese Symbolik auch dem der Schrift nicht kundigen
Volk bildhaft vor Augen geführt, indem sie Maria oft in einen
Rasen von Heilkräutern hineinsetzten.

Ein alter Brauch ist die Kräuterweihe vor dem Hochamt am Fest Mariä
Himmelfahrt; seit dem 10. Jahrhundert sind Weihegebete verbreitet, in
denen zum Segen von Mensch und Vieh durch die Fürbitte Marias von
Gott heilende und bewahrende Kraft auf die Kräuter erfleht wird. Im
Volksbrauch gelten die geweihten Kräuter als Heiltum gegen Krankheit,
Feuer und Blitz, auch werden sie zu Heiltränken verwandt. Mancherorts
werden noch in unserem Jahrhundert sogenannte „Eßzettel" — kleine
Gnadenbildchen mit Maria — gedruckt (z. B. für Mariazell) und von den
Gläubigen wie Heilmittel in Wasser aufgelöst, in Brot eingebacken oder
einfach so verschluckt, obwohl sich das Sanctum Officium 1903 ausdrücklich
gegen diese Unsitte ausgesprochen hat.9 Von kirchlicher Seite
wird sehr wohl unterschieden zwischen einem Aberglauben und dem

8 Lottlisa Behling: Die Pflanze in der mittelalterlichen Tafelmalerei. Weimar 1957, S. 29.

9 Lexikon für Theologie und Kirche. Freiburg 1959, Bd. 3, Sp. 1114.

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