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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
54. Jahresband.1974
Seite: 125
(PDF, 59 MB)
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falls diese nicht einfach durch den noch älteren Hausnamen motiviert
war, mit einer bewußten Symbolisierung verknüpft gewesen sein, sei es,
daß das betreffende Tier oder Teile von ihm — in mehr paganem Sinn —
als Träger von Kraft, Gesundheit, Fruchtbarkeit und Leben galt oder
daß es ein christliches Sinnbild von Heil und Auerstehung war.13 Für
die große Bedeutung, die das Mittelalter dem Tier als Symbol beimaß,
ist die Heraldik der beste Beweis; und es kann nicht überraschen, daß
die gleichen Tierarten wie bei den Apothekenemblemen bevorzugt
werden, sollten doch auch die Wappentiere ihren Trägern Schutz, Heil
und Leben sichern. Kulturgeschichtlich verlief die Entstehung der
Heraldik und der Hausnamen parallel und beeinflußte sich gegenseitig.

Adler-Apotheke
(Offenburg, Rastatt)

Im Mythos und in der religiösen Symbolik spielt der Adler wie kaum
ein anderer Vogel eine Rolle. Er weilt bei den Göttern im Himmel, wohin
er die auserwählten Menschen trägt. In Syrien war er dem Sonnengott
geweiht; die alten Griechen erblickten in ihm den Begleiter des Zeus.
Als Vogel des Lichtes und olympischer Höhen ist der Adler ein Feind
der Finsternis und der das Übel bringenden Dämonen; nach antikem
Volksglauben diente ein im Boden vergrabener Adlerflügel gegen Hagel
und Unwetter, und wer seine Krallen bei sich trug, fühlte sich vor
Gespenstern sicher.14 Aus dem germanisch-altdeutschen Volksglauben
sei ein Ruppiner Zaubersegen herausgegriffen, in dem der Adler als
Mittel gegen die Flechte genannt wird: „Der Adler und die Flechte /
Flogen beide zur Rechte / Der Adler der gewann't / Die Flechte, die
verschwand."

Im „Physiologus", einem bekannten spätantik-frühchristlichen Tierbuch,
wird die Erneuerung des Adlers in den Mittelpunkt gestellt; wenn er alt
wird und seine Augen trübe, verbrennt er seine Fittiche im Strahlenkranz
der Sonne und taucht dann dreimal in eine Quelle reinen Wassers;
verjüngt steigt er wieder in die Lüfte. Mit seiner Beziehung zur Sonne
und zum Wasser ist er ein Symbol der Auferstehung, der Lebenserneuerung
; der schlangenbekämpfende Adler der antiken Mythologie
wird in Christus wiedererkannt, der die Gläubigen vor den Mächten des
Abgründigen schützt. Nach dem Gesagten erscheint ein Übernehmen
der Adlersymbolik in den Apothekennamen durchaus gerechtfertigt, sind
doch nach christlichem Glauben körperliches und seelisches Leiden
miteinander verbunden und bedarf der Mensch nicht nur der irdischen

13 Man vgl. dazu die einzelnen Tierarten im: Wörterbuch biblischer Bilder und Symbole. Herausgegeben
von Manfred Lurker. München 1973.

14 Eduard Stemplinger: Antiker Volksglaube. Stuttgart 1948, S. 125.

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