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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
54. Jahresband.1974
Seite: 131
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Sch-iuanen-Apotheke
(Bühl)

Dank seiner imponierenden Gestalt und seiner makellosen weißen Farbe
wurde der Schwan schon im Altertum gern als Sinnbild gebraucht. In
der indischen Mythologie ist er ein Bild für den Atem des Allgottes; der
göttliche Atem aber ist das Lebensprinzip schlechthin. In Griechenland
war er der heilige Vogel des Lichtgottes Apollon, von dem er die Gabe
der Weissagung empfangen haben soll. Piaton berichtet in seiner Überlieferung
der Lehren des Sokrates, der ja bekanntlich nichts Schriftliches
hinterlassen hat, daß der sterbende Schwan besonders schön singe.
Der Römer Aelian baut in seinem Werk „De natura animalium" (11,32)
diese Geschichte weiter aus, nämlich daß der Schwan den Glauben habe,
der Tod sei nichts Schmerzliches und Trauriges. „So groß aber ist der
frohe Mut des Schwanes, daß er noch kurz vor seinem Lebensende singt
und gewissermaßen ein Todeslied anstimmt."

Während der Schwan in Bibel und Frühchristentum keine Rolle spielt,
wird er bei Konrad von Würzburg zum Christussymbol; der Schwanengesang
dient zum Gleichnis für Christi letzten Ruf am Kreuz. In dem
alten eurasischen Märchengut erscheint der Vogel als ein Symbol für die
Sehnsucht nach Lebenserneuerung;23 hierfür sprechen auch die zahlreichen
Sagen der Verwandlung von Jungfrauen und Helden in
Schwäne. Die stolzen Tiere sind Erscheinungsträger höherer Wesen, die
einen Schatz weisen, Heil bringen oder in eine andere, bessere Welt
geleiten. Ein altes volksmedizinisches Rezept war, einen jungen Schwan
in Öl zu kochen als wunderbare Arznei für die Nerven und gegen „den
Fluß der guldinen Ader" (Hämorrhoiden).24 Nicht untersucht wurde die
Namensabhängigkeit der Bühler Apotheke mit der sie beherbergenden
Schwanenstraße. Eine Beeinflussung des Namens einer Pharmazie durch
den Straßennamen ist verschiedentlich nachzuweisen. Daß man damit
aber nicht die auffallende Beliebtheit der „Schwanen-Apotheke" allein
erklären kann, beweisen die 113 Apotheken gleichen Namens (nach dem
Reichsapotheken-Register von 1937), von denen die meisten nie in einer
gleichnamigen Straße untergebracht waren.

Wie unser kultur- und symbolgeschichtlicher Streifzug gezeigt haben
dürfte, ist die Auflichtung der Herkunft und Bedeutung unserer Apothekennamen
nicht immer ganz einfach. Neben sachlichen Motiven — Herleitung
aus Hausnamen, Benennung nach dem Besitzer, Angabe der geographischen
oder lokalen Lage — können auch eine mehr oder weniger
unreflektierte Übernahme aus dem alten Namensbestand oder schließlich

23 Hedwig von Beit: Symbolik des Märchens. 3. Aufl. Bern 1967, S. 524.

24 Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Hrsg. von Hanns Bächtold-Stäubli. Berlin 1927 ff.,
Sp. 1404.

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