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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
54. Jahresband.1974
Seite: 175
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sollten. Vorweg müßte man sich bemühen „Allerweltsnamen" (z. B. Haupt-
und Bahnhofstraße) zu meiden und stolz darauf sein, eigene, bodenständige
Bezeichnungen zu finden, die es bisher noch nirgends gab. Daß unsere
Zeit gar wohl fähig ist, gute, erdkundlich bedingte Namen zu schaffen,
zeigen die folgenden Beispiele:

Strandbadweg, Glashüttenstraße, Mattenhofsiedlung.

Ein weiteres schönes Vorbild liefert die Markgräfler Gemeinde Istein.
Eine Straße in der dortigen Neusiedlung hat eine etwas eigenartige Form,
die einem Bischofsstab gleicht; man wählte für sie deshalb „Im Krummstab
", eine Bezeichnung, die zudem an die einstige Zugehörigkeit zur
Baseler Diözese erinnern soll, so daß es gelang, im neuen Straßennamen
eine geographische Eigentümlichkeit und eine geschichtliche Gegebenheit
harmonisch zu verbinden.

Wenn in der Neuzeit aus einer „Roßgasse" eine „Turmstraße" wurde, ist man
wohl im ersten Teil der Bezeichnung der heimischen Geschichte treu geblieben
; aber „Gasse" in „Straße" umzumodeln, das wäre nicht nötig gewesen
. Man scheue sich keineswegs — wenn's der Wirklichkeit entspricht
—, als Grundwort Weg und Gasse, Wegle und Gäßle zu verwenden.

Wer also neue Straßennamen braucht, möge nicht zuerst zu einem Lehrbuch
der Botanik, einer Literatur- oder Musikgeschichte greifen, sondern
vorher doch lieber das Grundbuch seiner Gemeinde durchsehen, oder
die örtliche Chronik, Heimatschriften, Flurnamensammlungen usw.
In vielen Fällen wird es möglich sein, geographisch-geschichtlich bedingte
Namen zu entdecken. Vielleicht wäre es auch nicht abwegig, in Form von
„Ausschreibungen" die Bürger selbst zur Mithilfe aufzurufen, um dann
aus der Fülle ihrer Anregungen zu schöpfen.

Das amtliche Suchen nach Straßennamen — einst entstanden sie im Volke
selbst! — darf nicht zu einer bloßen Formsache, zu einer reinen Verwaltungsangelegenheit
werden. Von einer Tulpen- und Richard-Wagner-
Straße wäre es dann kein weiter Schritt mehr zu den Buchstaben- und
Zahlennamen (A 4 - C 6), mit denen besonders Amerika die quadratumsäumenden
Straßen — zwar recht leicht auffindbar — „automatisiert".

Straßen, nach R. und S. Schenda 2 einst „Zellen des Gemeinschaftslebens",
seien uns auch heute noch ein „Stückchen Heimat". Beim Lösen des Problems
„Neue Straßennamen" sollte daher jeder, der damit zu tun hat, sich
als Mittler zwischen Gegenwart und Vergangenheit jühlen und deshalb
mit Liebe und Verantwortung ans Suchen herangehen.

2 Wörterbuch der deutschen Volkskunde, A. Kröner Verlag Stuttgart, 1974, S. 783.

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