http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1974/0218
täglich, so oft es die gelegenhait zugibt, rain und lauter dem volk
verkundt und gepredigt werden solle"3. Vielleicht wäre dieser Beleg als
weithergeholt abzutun, entspräche er nicht fast wörtlich dem ebenso
ersten Artikel des Ortenauischen Vertrages vom 25. Mai 1525 (ein trauriges
Dokument vorzeitiger Kapitulation bauernseits), demzufolge man
das Gotteswort „lauter und unverdunkelt"4 lehren müsse. Hier wie
überall findet sich Aneignung und Verteidigung der eingedeutschten
Schrift, contra Klerus, durch die Laien, das Volk.
Predigender Bauer. Holzschnitt
, Anfang des 16. Jahrhunderts
Doch wo sich jeder seine eigenen Gedanken macht, kommen viele Meinungen
zusammen, oder gehen eigentlich auseinander. Dergestalt wurde,
in deren als ketzerisch verleumdeten und verfolgten Vielfalt, die Autorität
der Kirche namens der Individualität des Menschen durchaus
annulliert. Unnötig und schädlich aber schien ihr Anspruch auf alleinige
3 zit. nach: Klaus Kaczerowsky (Hrsg.), Flugschriften des Bauernkrieges. Reinbek bei Hamburg 1970,
S. 63.
4 zit. nach: Manfred Krebs, Politische und kirchliche Geschichte der Ortcnau. In: Otto Kahni/Alfons
Staedele (Hrsg.), Die Ortenau in Wort und Bild. 2. Aufl. Offenburg 1960, S. 133—246; hier S. 16S.
216
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1974/0218