Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
54. Jahresband.1974
Seite: 270
(PDF, 59 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1974/0272
Und sie rekonstruierte das Bild des Dichters aus dem Wort seiner Dichtung
; auf eine Weise, die ihn zur typischen Verkörperung dessen hat werden
lassen, was Minnesang heißt.3

Doch ist hier Vorsicht geboten, denn wie die Stifter des Bandes bleiben
auch einige der in ihm Versammelten dunkel. Zu ihnen gehört eben Bruno
von Hornberg, unter welchem Namen gleich mehrere Vertreter jener freiherrlichen
Familie ob der Gutach belegt sind: der erste urkundet 1219, der
zweite 1234 und 1276, der dritte von 1275 bis 1310. Obzwar die Philologie,
aufgrund gewisser Parallelen zur Sprache des Gottfried von Neifen und
seines Kreises, dem mittleren als dem wahren Dichter sich zuneigt4, so
ist doch historisch unanfechtbar nur das Denkmal, das die Manessische
Handschrift in Wort und Bild ihm gesetzt hat.

Dieses Bild: es zeigt rechts den vom Rahmen seitlich angeschnittenen, in
der Höhe aber zur Gänze sichtbaren Turm einer Burg; aus einem Rundbogenfenster
in dessen oberem Geschoß, dicht unter dem Zinnenkranz,
neigt sich Bruno seiner Dame entgegen, die — auf einem von links kommenden
Pferd sitzend — seine gefalteten Hände mit der Linken faßt und
mit der Rechten ein goldenes Band um sie schlingt. Über ihr füllen Wappenschild
und Helmzier des Hornbergers das Blatt.

Dieses Bild des Dichters spielt an auf das Wort seiner Dichtung, ja ist
eigentlich erst aus ihm hervorgegangen (ein von der Manessischen Handschrift
recht selten geübtes Verfahren, wiewohl sie etwa Walther von der
Vogelweide in der berühmten Pose des „Ich saz üf eime steine ..." zeigt).
Singt doch das zweite Lied deutlich genug von dem „gebende", der Liebesfessel
, und davon, daß sie vielleicht niemals gelöst würde, daß man von
ihr „niemer wurde erlöst" (II/l, 1 bzw. 1, 4)5; während das erste klagt:

3 Deshalb auch wird das Bild oft als exemplarisches und repräsentatives angeführt; z. B. in: Hans
Weigert, Geschichte der europäischen Kunst. Tafelband. Stuttgart 1951, T. 142.

4 Vgl. Carl von Kraus, Deutsche Liederdichter des 13. Jahrhunderts Bd. 2 (= Kommentar). Tübingen
1958, S. 20 f.; und Wolfgang Stammler (Hrsg.), Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon.
Bd. 1. Berlin-Leipzig 1933, Sp. 303. Karlleopold Hitzfelds Aufsatz „Die Schlösser bei Hornberg" — in
Die Ortenau 50 (1970), S. 373—402 — hat sich für den dritten Bruno entschieden (S. 382, S. 384 f.)
und ist auch sonst von Zweifelhaften nicht frei: weder verdient es der Dichter, durch das Prädikat
„wandernder Sänger" mit den Vaganten auf eine (sozial viel tiefere) Stufe gestellt zu werden, nodi
gibt es Grund zur Annahme, er habe seine Dichtungen „aufgeschrieben"; daß auf seiner Burg „berühmte
Ritterzählungen gesungen" worden seien, stimmt im Zeitalter der Buchepik erstens nicht mehr und
ginge ihn zweitens als Lyriker auch gar nichts an; und seine lyrischen Lieder hat er außerdem wohl
kaum „auf der Harfe", statt dessen aber auf einem Streidiinstrument nach Art der Fidel improvisierend
begleitet, also nicht eigentlich „vertont" (vgl. Roger Bragard/Ferd. J. de Hen, Musikinstrumente aus
zwei Jahrtausenden. Folge II = Mittelalter. Stuttgart 1968, S. 40) — was wiederum ein Bild der
Manessischen Handschrift vorführt, das letzte, worauf „Der Kanzler" zu sehen ist (ebda. S. 64,
T. 11/20).

5 Zitate nach: Carl von Kraus, Deutsche Liederdichter . . . Bd. 1 (= Text). Tübingen 1952, S. 22—25.

270


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1974/0272