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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
54. Jahresband.1974
Seite: 288
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1974/0290
Kriminalrichter in Mainz, der am 14. Mai von Poterat mit der Organisation
des Aufstandes in der rechtsrheinischen Pfalz beauftragt worden
war, Haussmann aufzusuchen, den er nicht mehr antraf. Er konnte noch
nicht wissen, daß Haussmann in seinem Schreiben vom 10. Juli an Bacher
dessen Bekanntmachung voll billigte und die allgemeine Marschrichtung
festlegte: „Die Hoffnungen und Projekte, welche gewisse Leute gefaßt
und vorbereitet haben, sollen vereitelt werden." Auch diese Erklärung
wurde gedruckt verbreitet. Im rechtsrheinischen frz. Hauptquartier wurden
List und Linck weder von Moreau noch von Haussmann empfangen,
aber von Generalstabschef Reynier in brutaler Offenheit aufgeklärt:
„Als man euren Projekten Gehör schenkte, rechnete man auf Erleichterung
des Rheinübergangs mittels Realisierung derselben; dieser fand
ohne jedes Hilfsmittes statt, und im Rücken der Armee duldet man keine
Revolution!"5*

Möglicherweise hatte Karl Fahrländer die beiden begleitet, denn das
Leumundszeugnis der Matzenheimer Bürger stammt vom 12. Juli, und
wurde durch seine Verhaftung an der Vorsprache im Hauptquartier verhindert
. Für diese Vermutung spricht stark, daß Fahrländer, der wie
List ausgezeichnete frz. Sprachkenntnisse besaß, auch in den nächsten
Jahren bei Gesprächen im frz. Hauptquartier teilnahm.

Trotz der Drohung Reyniers ließen sich die badischen Revolutionäre
angesichts der weit verbreiteten Revolutionsbereitschaft nicht beirren.
Die Verwirrung war nach dem Einmarsch der Franzosen ungeheuer.
Selbst und gerade der Breisgau, den man gemeinhin für eine zuverlässige
Stütze der Monarchie hielt, erwies sich angesichts des „fürchterlichen
Tumults", der herrschte, keinesfalls in seiner Gesamtheit als treues Bollwerk
gegen die Revolution. Die bestehende Ordnung wäre allenthalbe
wie ein Kartenhaus zusammengefallen, wenn die demokratische Bewegung
auch nur die geringste Duldung erfahren hätte.

Ein wertvolles und zuverlässiges Quellenmaterial für die damalige
Situation bietet das Tagebuch von Ignaz Speckle, Abt von St. Peter60, der
bei aller Unruhe einen klaren Kopf behielt und in jenen Jahren eine
feste Stütze der bestehenden Verfassung war. Überall verspürte er die
Abneigung gegen die Klöster, das Aufbegehren der Bauern, die Zwietracht
der Stände, und seine ersten Erfahrungen konnte er bereits wenige
Tage nach dem Übergang der frz. Truppen bei Kehl notieren: „Der Prälat
und die meisten Patres von Schuttern haben das Kloster verlassen. Herr
Prälat kam gestern Abend nach Freiburg. Man schrieb uns, die Untertanen
verhielten sich sehr treulos. Die Kapitularen dürften sich kaum

59 Friedrich Hurter, Denkwürdigkeiten aus dem letzten Decenium des 18. Jahrhunderts, 1840, S. 58.

60 Das Tagebuch von Ignaz Speckle, Abt von St. Peter im Schwarzwald, Erster Teil 1795—1802, bearbeitet
von Ursmar Engelmann OSB, Stuttgart 1965.

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