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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
54. Jahresband.1974
Seite: 313
(PDF, 59 MB)
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lagerte. Demgegenüber betont der Vf. Struves Eigengewicht und will zeigen,
„wo Struves Bedeutung, Originalität und Einfluß in Theorie und Praxis (...)
im ideologischen und praktischen Bereich liegen" (S. 9).

Die Anlage der Arbeit folgt Struves Lebenslauf: „Entwicklung und Ausbildung
(1805-1836)" — Struve als Journalist u. Zusammenarbeit mit der radikalliberalen
Kammeropposition — die revolutionären Aktionen 1848/49 — eingeschoben
sind Kapitel über seine theoretischen Auffassungen, gearbeitet aus den „Grund-
züge(n) der Staatswissenschaften" (1847/48) sowie seinen Schriften aus dem
Exil. Es fragt sich, ob das Festhalten am chronologischen Gliederungsprinzip
den vom Vf. postulierten Intentionen gerecht werden kann. Sicherlich ist das
umfangreiche Quellenmaterial danach übersichtlich zu ordnen, doch leider geht
der Vf. seinen Quellen an vielen Stellen bis in unwesentliche Verästelungen
nach (so z. B. über Struves Neigung zur „Phrenologie", S. 17 ff.) und übernimmt
mehrfach ihre Terminologie, ohne sie kritisch zu reflektieren (z. B. S. 20, S. 98).
Die über die biographischen Details hinausragenden, für die politische
Geschichte der 48er Revolution relevanten Faktoren aus der Dissertation seien
hier noch einmal hervorgehoben:

Durch die Lektüre von Rousseaus Schriften (vor allem „Emile. .. ") wurde
Struve auf die Bedeutung von „Volksbildung und Volksaufklärung" gewiesen,
wenn er auch bis zu den Märzforderungen seine Herkunft aus dem Bildungsbürgertum
nicht verleugnen konnte und sich als Vertreter des liberalen Eliteprinzips
gegen egalitäre „kommunistische" Ideen wandte — wie überhaupt seine
Publikationen im Vormärz in Baden solange kein Aufsehen erregten, bis Metternich
persönlich in Karlsruhe intervenierte, um Struve zum Schweigen zu
bringen. Struves Auffassungen radikalisierten sich durch den Druck staatlicher
Zwangsmaßnahmen und die Formierung einer gemäßigt liberalen Richtung,
der „Bürger im engeren Sinne", die vielen radikalen Liberalen den Weg in die
badische Kammer versperrten: so scheiterte auch Struves Kandidatur in Lörrach
. Die Versammlungen in Achern und Offenburg im September 1847 waren
erste Versuche der radikalen Liberalen, sich als oppositionelle Bewegung außerhalb
der Kammer zu konstituieren. Die Begegnung mit Hecker schuf die
Voraussetzung, die radikale Opposition innerhalb der Kammer publizistisch zu
unterstützen.

Nach der Mißernte von 1846 verschärften sich auch in Baden die sozialen Probleme
, konfrontiert mit dem Pauperismus, nahm Struve nach und nach sozial-
revolutionäre Ideen auf. Während das gemeinsame revolutionäre Pathos der
Märzforderungen innerhalb der nationalen und liberalen Bewegung schnell
zerbrach — die dominierende Gruppe sah in der rechtlichen Unsicherheit im
Gefolge von revolutionären Erschütterungen ihre Besitz- und Bildungsprivilegien
gefährdet und war bereit, ihre Ansprüche zurückzustellen und mit den
reaktionären Machtfaktoren zusammenzuwirken — versuchten Hecker und
Struve, den Kampf mit den alten Mächten durch die Bildung einer Volkswehr
(nicht nur Bürgermiliz, also unter Einschluß von Arbeitern und Handwerkern)
aufzunehmen. Darin lagen Bedeutung und Originalität von Struves Rolle in der
48er Revolution. Bauern, deren ohnmächtigen Aktivismus er fürchtete, schloß
er allerdings aus.

Interessante Ergebnisse bringt die Studie im Abschnitt über die deutschen
Emigranten in Paris (S. 104 ff.), die als „Deutsche-demokratische Legion" die
Chance sahen, in die badische Revolution einzugreifen.

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