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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
55. Jahresband.1975
Seite: 128
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griffslust der Emigranten steigerten sich beträchtlich, und man dürstete nach
Rache. Der Marquis von Bouille, der für die militärische Vorbereitung der
Flucht verantwortlich gewesen war, wollte die ausländischen Heere nach Paris
führen, und von dieser hochmütigen Stadt sollte kein Stein übrigbleiben. Die
Drohung mit einer Invasion, die aus eigener Kraft nicht verwirklicht werden
konnte, war nur geeignet, das Nationalbewußtsein und die Abwehrbereitschaft
des revolutionären Frankreich zu steigern.

Wie wenig man aber im Elsaß an Zwischenfällen interessiert war, mag am
besten daraus hervorgehen, daß Bürgermeister Dietrich von Straßburg in einem
Schreiben vom 13. Juli den Amtmann Strobel in Kehl davon unterrichtete, daß
man am kommenden Tag „das Jahresfest des großen Bündnisses aller Franken
zur Erhaltung ihrer neuen Verfassung" feiern werde. Die Kehler würden
zu den angegebenen Zeiten mehrere Kanonenschüsse zu hören bekommen. Das
gute nachbarliche Verhältnis mache es ihm zur Pflicht, Strobel davon zu benachrichtigen
und ihn zu bitten, die Offiziere der Kehler Besatzung davon zu
informieren, damit in keinem Augenblick Zweifel an den friedliebenden und
freundschaftlichen Gesinnungen entstünden.

Gemeinde Herbolzheim auf dem Marsch nach Ringsheim

Vier Wochen nach den Vorfällen in Grafenhausen kam es Anfang Juli in
Ringsheim beim Kegeln zu einer Schlägerei zwischen den Dorfburschen und
den in Ringsheim liegenden Legionstruppen, bei der ein Bürger so schwer
verwundet wurde, daß man an seinem Aufkommen zweifelte. Die Truppen
schlugen zu ihrer Sicherheit Alarm, und die Bürgerschaft stürmte. Beide Seiten
forderten Unterstützung an; die Soldaten erhielten Zuzug von 100 Mann
mit Gewehren aus Kappel, und die Bevölkerung von Herbolzheim machte sich
auf den Marsch, um ihrerseits den Ringsheimern zu Hilfe zu eilen! Ein Zusammenstoß
wurde verhindert, da der Kardinal und Graf Mirabeau am Schauplatz
erschienen, um Ordnung zu stiften. Rohan gab dem Schwerverwundeten
2 Louisdor, damit alles für seine Wiederherstellung getan werden konnte. Daß
aber der Kardinal der Ringsheimer Bürgerschaft sein größtes Mißfallen zu
erkennen gab, fand bei dieser keine günstige Aufnahme, erwartete sie doch
von ihrem Landesherrn, daß er für sie Partei ergreife. Der Vorfall bewirkte
den Entschluß, einen großen Teil der Truppen bei Ettenheimweiler kampieren
zu lassen, zumal offenbar zwei Soldaten in Ettenheim ein zwölfjähriges Mädchen
genotzüchtigt hatten. Doch hielt dies die Soldaten Mirabeaus nicht davon
ab, vier Wochen später in Ringsheim Fenster einzuschlagen, wobei es zu neuen
Händeln mit der Bürgerschaft kam.

Mirabeau will auf die Ettenheimer Bürger schießen lassen

Am 6. Juli gingen einige Soldaten in Ettenheim in ein Bierhaus, dessen Besitzer
zwei Töchter hatte, mit denen sie nach Gefallen umgehen wollten. Als das
nicht gelitten wurde, behandelten sie die Wirtsleute mit Schlägen, welche zur
Rettung feurio! riefen. Als zwei zu Hilfe geeilte Bürger auf die Wache geführt
wurden, versammelten sich die Einwohner und wollten die Bürgerglocke
auf dem Rathaus ziehen. Dazu bedurfte es eines Schlüssels zu dem Kästchen,
den der Stadtschultheiß aber nicht herausgeben wollte. Man bestand dennoch
auf der Freilassung der beiden; dadurch wurde der Vicomte de Mirabeau so
aufgebracht, daß er den ausgerückten Truppen befahl, auf die Bürgerschaft
Feuer zu geben! Ob es tatsächlich geschah, bleibt im Bericht offen. Das Oberamt
und einige angesehene Bürger erreichten schließlich bei Mirabeau die Entlassung
der beiden Ettenheimer, so daß die Bürger wieder auseinandergingen.

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