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dem Geschehen, er schildert aus der unmittelbaren Konfrontation des
erzählenden Ichs mit der Umwelt, deren Konturen nicht weiter reichen
wie Augen und Erlebnis- bzw. Erkenntnisfähigkeit dieses Ichs.

Klingers erlahmendes Interesse an weiteren Illustrationen mag mit einer
bewußten oder unbewußten Einsicht in dieses Auseinanderfallen seines
eigentlichen künstlerischen Anliegens mit dem Stil dieser Erzählkunst zusammenhängen
.

Obwohl die Auflagenziffern der Werke Grimmelshausens, besonders des
Simplicissimus stetig stiegen, bleibt ein Echo der bildenden Kunst um die
Jahrhundertwende aus. Von der herrschenden Richtung des Jugendstils
her ist dies verständlich. Seiner überfeinerten Eleganz, die nicht nur der
bildenden Kunst eignet, sondern im weiteren Sinne für Lebenshaltung
und -stil gewisser Schichten charakteristisch ist, lag die von Grimmelshausen
geschilderte lebensnahe Welt des Dreißigjährigen Krieges fern;
die mehrfachen Sinnschichten barocker Allegorie, astrologische Bezüge
und tiefsinnig religiös-weltanschauliche Verschlüsselungen, die hinter der
Handlung dieser Dichtung stehen, waren praktisch unbekannt. Auch dem
Kulturideal des preußischen Kaisserreiches konnte die schonungslose Offenheit
, mit der Grimmelshausen Krieg, Gewalt und gesellschaftliche
Zustände aus der Perspektive des „kleinen" Mannes berichtete, nicht einbezogen
werden, trotz genügend „deutscher" Elemente.13

Erst die Umwälzungen, die der erste Weltkrieg mit sich brachte, scheinen
auch den Blick geschärft zu haben für die Aktualität des „Simplicissimus",
besonders als Kriegsroman.

Wie ein Fanal wirkt die Titelvignette Walther Klemms zu seiner Illustrationsmappe
Simplicius Simplicissmus, die 1916 bei Kiepenheuer in Weimar
verlegt wurde und 12 Steinzeichnungen (= Lithographien) ohne Text
und Unterschriften enthält.14 Herausgegriffen werden fast ausschließlich
Kriegsszenen: kein Einsiedler, weder der des Romanbeginns, noch der sich
der Welt entziehende alte Simplicissimus, wird gezeigt. 1916 war Klemm
33 Jahre alt, Klinger bei der Arbeit an den Grimmelshausen-Illustrationen
übrigens 23. Der erste Weltkrieg tobte schon über ein Jahr. Klemms
Serie setzt ein mit einer nicht wieder aufgegriffenen Textstelle aus dem
3. Kapitel des I. Buches. Der Bub wird, durch einen Trupp Kürassier von
seiner Schafsherde hinweggeraubt und muß die Zerstörung des väterlichen
Hofes und die Mißhandlung seiner Familie miterleben. Danach
nimmt Klemm erst wieder eine schon nach dem Tode des Einsiedlers und
dem Weggang des jungen Simplex aus dem Wald, also zeitlich über
zwei Jahre später sich abspielende Romanepisode auf. Es ist die Szene
des kurzen Besuchs des neugierig weltfremden Knaben in der gerade geplünderten
Stadt Gelnhausen (Abb. 1). (Geburtsstadt Grimmelshausens!)
Im 19. Kapitel des I. Buches wird dieser wie folgt beschrieben:

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