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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1976/0150
nach dem Auftrag des Mosaikmedaillons wurde dann — hart an der östlichen
Peripherie — ein Altar errichtet, dessen Mörtelabdruck den Stipes als hohl
erkennen läßt. Im Jahre 1153 wurde die Kirche durch Brand zerstört. Danach
wurde der große Bau der romanischen Basilika errichtet 5 durch den Abt Konrad
I. (1135—1162.) Der Boden der neuen Kirche wurde 1,20 m über den Boden
des Vorgängerbaues erhöht.

Die Stratigraphie bezeugt, daß der Zeitraum zwischen der Aufbringung des
Mosaiks und der Errichtung des ihm zugehörenden Bodens weit geringer ist,
als der zwischen der Erschaffung des Mosaiks und dem Bau der romanischen
Basilika. Bischof Erchenbald von Straßburg (965—991) nahm zu Beginn seiner
Amtszeit in Schuttern eine Weihe vor;' es darf angenommen werden, daß er
die — durch die Ungarn 938 zerstörte — erneuerte Kirche weihte. (Abb. 2)
Diese Kirche ist in den Dimensionen der karolingischen Kirche, aber mit tieferen
und stärkeren Fundamenten erneuert worden. 7 Auch der Fußboden (—250)
muß zu dieser Zeit erneuert worden sein auf annähernd gleichem Niveau.8
Der archäologische Befund verweist die Schöpfung des Mosaiks zeitlich in den
Beginn des 11. Jahrhunderts. Befragen wir nun das Mosaik selbst.

Ein Schriftband aus hellen Steinen, in das die Buchstaben schwarz eingelegt
sind, umschließt den dunklen Grund, in welchem die Gestalten aus hellen Steinen
kontrastreich zur Wirkung kommen. Die weißen Figuren sind durchzogen
von einer Zeichnung aus schwarzen Steinen; die Gewandfalten, aber auch
Augen, Nasen, Mund und Hände sind so dargestellt. Eindrucksvoll das Gesicht
des Mörders Kain, mit vorgeschobenem Mund „entstellt". (5. Mos.) Die Gestalten
wirken nicht so starr und hölzern, wie die Figuren in den Kölner Mosaiken
des 12. Jahrhunderts. 9 Abweichend von diesen und allen sonstigen Bodenmosaiken
des 11. und 12. Jahrhunderts hat das Mosaik in Schuttern keinen Teppich
-Charakter; es ist auf den Boden übertragene ottonische Buchmalerei, ohne
Bordüren, Ornamente oder Friese. Auch ist es im eigentlichen Wortsinn kein
„Fuß"-Boden, denn das Mosaik wurde nie begangen.10 Das Mosaik war die
Fassung eines Reliquiengrabes.

Nach der Aufdeckung des Mosaiks fand sich — genau auf der gleichen Ost-
West-Achse des karolingischen Baues — unter dem zerstörten Westteil des
Mosaiks ein brunnenartiger gemauerter Behälter in ruiniertem Zustand. Auf
der Sohle dieses Behälters (—365) und in seinem Zentrum steckte in der Tiefe
der erhaltene Rest eines Pflockes, eines Meßpflocks! Die Nachprüfung ergab,
daß das Reliquiengrab, vermutlich einst die Gebeine des hier verehrten Gründers
Offo bewahrend, exakt im Zentrum des karolingischen Westbaues lag.11
Das Mosaikgrab hat diese Aufgabe später übernommen.

Von den über hundert Bruchstücken des Mosaiks weisen einige einen geraden
Rand auf, mit diesem grenzten die Bruchstücke an den Reliquienbehälter, der
in der unteren Mitte des Medaillons eingefügt gewesen sein muß. Auf einem
dieser Fragmente ist ein Standleuchter erkennbar, der das Reliquienkästchen
auf der linken Seite flankierte.12 Vom Eingang her, von Westen, war das Mosaik
zu beschauen. Die Hand Gottes, die oben, über den Gestalten zu denken
ist — dort, wo mit „D E V S" ein neuer Satz beginnt, findet sich immer bei
diesem Motiv13; mit der mittleren Hauptfigur des Mosaiks (Offo?) ist sie verschollen
. Der erste karolingische Bau mit dem gemauerten Rundgrab besaß
westlich davon sicher eine Empore; das Fundament für einen abgeteilten
Westraum, über dem eine solche Empore zu denken ist, wurde nachgewiesen.
Im erneuerten Bau ist die westliche Raumabteilung nicht nachzuweisen, eine
auf Stützen ruhende Westempore — mit Blick auf das Mosaik — jedoch ebenfalls
anzunehmen.14

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