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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
59. Jahresband.1979
Seite: 64
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1979/0066
Entwicklungsrichtung folgert Büß die Hinwendung des Staates zu
Wirtschaft und Gesellschaft, das Steuerungsrecht - und die Interventionspflicht
bei ungleichgewichtiger Entwicklung. Die Gleichgewichtigkeit
des organisch verstandenen Wirtschaftskosmos war das Zentralanliegen
des Politikers und Wissenschaftlers Büß. Doch gerade dieser Ruf
nach dem Staat, der die gesamtwirtschaftliche und gesamtgesellschaftliche
Entfaltung mitbestimmen sollte, war unzeitgemäß, verfrüht und
konnte deshalb nur auf Unverständnis stoßen. Erst 10 Jahre später zu
einer Zeit, als sich Büß schon aus der unmittelbaren Landespolitik
zurückgezogen hatte, gelangte diese Frage ins Zentrum der politischen
Diskussion, dann nämlich, als Ende 1847 die drei größten Fabriken des
Landes, die Spinnerei und Weberei in Ettlingen, die Maschinenbauanstalt
Kessler in Karlsruhe und die Zuckerfabrik Waghäusel in eine
Finanzkrise gerieten, in Konkurs zu fallen drohten und damit 3500
Arbeitsplätze auf dem Spiel standen. Jetzt wurde erstmals der Ruf nach
Staatshilfe laut, überlaut, und der Landtag debattierte grundsätzlich und
gelangte nach heißer Redeschlacht zu der Ansicht, daß ausnahmsweise
aus sozialpolitischen Überlegungen eine Staatshilfe angebracht sei.
Freilich schlug den überwiegend liberalen Abgeordneten das Gewissen
nicht eben leise.14

Büß hat nach diesem Paukenschlag des Jahres 1837, als seine Fabrikrede
auch ein breites publizistisches Echo gefunden hatte, sich in den folgenden
Jahren eher noch stärker konservativ entwickelt. Er proklamierte
das Ziel der totalen Sozialreform in einer in neuen freien Zünften und
Korporationen organisierten Gesellschaft, in der auch zur Behebung
bzw. Milderung der Armut die freie christliche Caritas sich entfalten
könne. So hat er 1848 in Verbindung mit der 1. großen Katholikenversammlung
in Mainz, der er als Präsident vorstand, die Einführung von
Vinzenzvereinen befürwortet „zur Hebung der herrschenden sozialen
Mißverhältnisse und Übelstände". Und Büß hat in diesem Zusammenhang
sein gesellschaftspolitisches Ideal umrissen: große Körperschaften
in freier selbständiger Gliederung, „gleich den alten Innungen, nicht mit
dem Zwange, aber mit der Ehrenhaftigkeit derselben; die Gesellen
müssen wieder am Tisch ihres Meisters essen, auf daß nicht, von ihm
zurückgestoßen, sich in ihnen eine Herde von Proletariern erziehe."15

Halten wir hier inne, denn unserem Vorhaben entsprechend kann der
spätere Büß, der kämpferische Publizist und der streitbare katholische
Politiker nicht mehr zum Objekt unserer Betrachtung gemacht werden.
Diese Züge des historischen Bildes sind bedeutsam, gehören wesentlich

14 Vgl. zum Gesamtzusammenhang Erich Angermann. Karl Mathy als Sozial- und Wirtschaftspolitiker (1842 1848), in:
ZGO 103, 1955, 499 ff.

15 Vgl. Hugo Ott, wie Anmerkung 12.

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