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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
59. Jahresband.1979
Seite: 73
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gekämpft hatten, und dem, was davon auf großpreußisch-militaristische
Weise im Jahre 1871 verwirklicht wurde. Was damals vorfiel, mochte
gerade für die kleinstädtischen Handwerker und Krämer einigermaßen
verwirrend sein: Jener preußische Prinz Wilhelm, der 1849 an der Spitze
der Interventions-Armee Baden konterrevolutionär „befriedete" und
alle national-demokratischen Hoffnungen zunichte machte - ausgerechnet
dieser ,Kartätschenprinz', seit 1861 zum König Wilhelm I. von
Preußen avanciert, wurde nach dem Sieg über Frankreich am 18. Januar
1871 im Spiegelsaal zu Versailles vor der festlichen Versammlung
deutscher Fürsten und ruhmgekrönter Generäle durch den berühmt
gewordenen Hochruf seines Schwiegersohns, des Großherzogs Friedrich
I. von Baden, zum „Deutschen Kaiser" proklamiert.

Was sollten da die kleinen Leute in Baden sagen? Konnte ihr Stolz aufs
Musterländle ganz und gar ins Dynastische verkehrt werden? Konnten
sie zum neudeutschen Reich preußischer Observanz unbeschwert ja
sagen? Die Fabrikanten, Bankiers, Großhändler, Advokaten und Universitätsprofessoren
, die das Großbürgertum ausmachten, waren bei allen
liberalen Vorbehalten und Wünschen mit der preußisch-deutschen
Reichsgründung zufrieden. Diese rückgängig zu machen - daran dachten
gewiß auch nicht die Handwerker und kleinen Geschäftsleute, selbst
nicht einmal die Arbeiter; aber sie hatten, was wir bereits feststellen
konnten, die Revolution von 1848/49 noch nicht vergessen. Daher
konnten auch die Grundforderungen von 1848 nach demokratischen
Rechten und sozialer Gerechtigkeit früher oder später wieder aktiviert
werden. Doch welche organisierte Kraft, also welche Partei konnte und
wollte dies tun?

Die Nationalliberale Partei war damals in einem hohen Maße damit
beschäftigt, ihren sogenannten Kulturkampf gegen die gewiß machtbewußte
, vom eben verkündeten Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit
besessene und gegen die protestantische Hohenzollernmonarchie höchst
mißtrauische Katholische Kirche zu führen und die antiklerikalen
Restriktionen und Repressionen Ottos von Bismarck zu unterstützen.
Unter solchen Umständen lädierten die Liberalen ihre höchst eigenen
Prinzipien; der 48er Demokratismus war ohnehin nicht ihre Sache. Ob
der erzliberale Schauenburg-Verlag im nahen Lahr mit seinem „Hinkenden
Boten" und seinen antiklerikalen Spottschriften von Wilhelm Busch
auf die Haslacher Kleinbürger und Kinzigtäler Bauern schon damals
wirkte, konnten wir nicht feststellen; dieser Frage müßte in einer eigenen
Untersuchung nachgegangen werden. Neben der Nationalliberalen
Partei war die linksliberale Fortschrittspartei in Baden ziemlich
bedeutungslos, sie war nach wie vor in Preußen, insbesondere in Berlin,
konzentriert.

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