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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
59. Jahresband.1979
Seite: 75
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konnten die Kleriko-Demokraten keine Traditionspfleger der Revolution
von 1848/49 sein; schließlich kämpften damals die konsequentesten
Demokraten nicht aus Partikularismus etwa nach bajuwarischem oder
auch nur schwäbischem Zuschnitt gegen Preußen, sondern aus gesamtnationaler
und radikaldemokratischer Begeisterung.

Demokratische Traditionspflege im umfassenden und weiterführenden
Sinne wäre in den siebziger Jahren an sich Sache der badischen Demokraten
gewesen, die einst sehr gut organisiert waren.5 Aber durch
Emigration und Unterdrückung in der Reaktionszeit, durch die Enttäuschungen
, die die Bismarcksche Art der Reichseinigung mit sich brachte,
waren sie auseinandergerissen. Die energischsten Elemente der kleinbürgerlichen
Demokratie gingen nach 1870 zur Sozialdemokratie über.
Symbolfiguren dafür waren in Preußen der berühmte Publizist und
Parlamentarier Johann Jacoby, in Baden Amand Goegg, ehemaliger
Finanzminister in der Karlsruher Revolutionsregierung und verstorben
im Grimmelshausenstädtchen Renchen.

Die beiden Richtungen der politischen Arbeiterbewegung, Lassalleaner
wie Eisenacher (also die 1869 in Eisenach zusammengeschlossenen Marx-
Anhänger wie Wilhelm Liebknecht und August Bebel) hielten schon Anfang
der siebziger Jahre alljährlich Märzfeiern ab, in denen sie sowohl
des Aufstands in Berlin 1848 als auch der Ausrufung der Kommune in
Paris 1871 gedachten.6 Sicherlich haben beide Richtungen in dieser
Agitation, die nicht nur auf die Märzfeiern beschränkt war, die Akzente
etwas verschieden gesetzt, besonders hinsichtlich des Verhältnisses der
Marx-Anhänger zur Pariser Kommune und der Internationalen Arbeiter-
Assoziation (der Ersten Internationale, wie sie später bezeichnet wurde);
dessen ungeachtet wurde offenkundig, daß keine Partei, keine Organisation
, keine Gruppe in ganz Deutschland die Erinnerung an die radikaldemokratische
Bewegung in der Revolution von 1848/49 so eindringlich
und lebendig bewahrte wie die Sozialdemokratie, gleich, um welche der
beiden Fraktionen es sich handelte. Ihr auf die Gegenwart bezogener
Grundgedanke war ebenso einfach wie mobilisierend: Die nationalstaatliche
Einigung von 1871 sollte durch eine demokratische Umgestaltung
ergänzt werden, so radikal wie nur möglich. Im Jahre 1875 schlössen sich
die vornehmlich in Preußen und da wiederum in Berlin, im Rheinisch-
Westfälischen, aber auch in Hamburg konzentrierten Lassalleaner und
die in Sachsen besonders starken Eisenacher zu einer einzigen sozialistischen
Arbeiterpartei zusammen; auch wenn es danach noch genug der
fraktionellen Auseinandersetzungen und regionalen Unterschiede gab,
so wurde von nun an die deutsche Sozialdemokratie7 eine gesamtnationa-

5 Vgl. Rolf Weber. Kleinbürgerliche Demokraten in der deutschen Einheitsbewegung 1863 1866. Berlin 1962.
insbesondere S. 134 ff.

6 Vgl. Aufrufe im ..Neuen Social-Demokrat" und ..Volksstaat".

7 Die offizielle Bezeichnung hieß: ..Sozialistische Arbeiterpartei"

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