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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
59. Jahresband.1979
Seite: 76
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le Partei. In Baden erstreckte sich ihr Einfluß zunächst auf das Unterland
um Mannheim und Pforzheim und auf das Oberland um Lörrach, aber bis
in die 80er Jahre hinein nicht auf das Kinzigtal.

Der Buchbinderlehrling Engelberg, so aufgeschlossen er war, konnte von
der sozial-demokratischen Propaganda mit ihrer dauernden Erinnerung
an die demokratische 48er Tradition8 in seinem Haslach noch nichts
verspüren. Als 78jähriger Mann ließ er in einer Niederschrift9 von der
politischen Atmosphäre in seiner Heimatstadt einiges aufleuchten; über
seinen Nachbarn, einen „tüchtigen Möbelschreiner" schrieb er: Er „war
der Typ eines Kleinstadt-Handwerkers, der sich für alle örtlichen Angelegenheiten
und während des Krieges 1870/71 auch für die kriegerischen
und politischen Ereignisse interessierte. Zeitungen wurden wenig
gehalten, in der Behausung kam mir nie eine solche zu Gesicht. Die
Neuigkeiten überbrachten Bekannte, Nachbarn und Kunden." Von
dieser kleinen Welt aus gab es noch wenig Verbindung mit dem großen
Geschehen im neudeutschen Reich.

Wanderschaft und Politik

Agitatoren aus den großen Städten kamen in dieser frühen Zeit kaum ins
Städtchen; dennoch war der politische Kreislauf von der Provinz in die
städtischen Zentren, in die Nachbarländer und umgekehrt zwar zähflüssig
, aber keineswegs unterbrochen. Die gesellschaftlichen Blutkörperchen
waren da wandernde Handwerksgesellen. Zu ihnen stieß Wilhelm
Engelberg, nachdem er im Frühherbst 1880 seine Lehre beendet hatte. Er
liebte den Buchbinderberuf, zu dem ihn „als Lesefreund" die Aussicht auf
den Umgang mit „Büchern verschiedenen Inhalts und illustrierten
Zeitschriften" drängte.10 Aber er wollte nicht nur in die Bücher, sondern
auch in die Welt schauen. „Obwohl in «Zunft und Innung»", so schrieb er,
„eine Wanderzeit der Handwerksgesellen nicht mehr vorgeschrieben,
war der Wandergeist bei den jungen Handwerkern noch vorhanden,
sozusagen im Blut, schon deswegen auch um ein Stück ,andere Welt' und
damit andere Methoden in den fremden Arbeitsplätzen kennenzulernen.
Alte Meister konnten auch interessante Schilderungen über Wandererlebnisse
und Merkwürdiges aus bereisten Ländern und Städten machen.
Der Wandertrieb bei den Haslachern war angeboren; viele hatten in
Berlin, Wien, Lyon und Paris gearbeitet und dann den .Ehrennamen'
Berliner, Wiener, Pariser ihr Leben lang behalten." Wer hingegen die
Widrigkeiten der Wanderschaft nicht aushielt und schon nach kurzer
Zeit aus der Fremde ins warme Nest seiner Heimatstadt zurückkehrte,

8 Vgl. Jörg Schadt. Die Sozialdemokratische Partei in Baden von den Anfängen bis zur Jahrhundertwende (1868-1900)
Schriftenreihe des Forschungsinstituts der Friedrieh-Ebert-Stiftung. Hannover 1971, S. 57.

9 StAH. Mappe 1, Lebenserinnerungen, S. 13.
10 Ebda.

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