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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
59. Jahresband.1979
Seite: 83
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die hellwache sozialdemokratische Ordonnanz geschnappt und dem
Privatarchiv einverleibt hatte. Der Kommandierende General stipulierte
u.a.: „... so will ich doch nicht unterlassen, die Offiziere und namentlich
die Unteroffiziere des Armeekorps wiederholt eindringlich zu warnen und
sie daran zu erinnern, daß es eines Vorgesetzten unwürdig ist, sich durch
Ungeschicklichkeit oder selbst durch Mangel an gutem Willen eines
Untergebenen derartig reizen zu lassen, daß er sich einer strafbaren
Handlung schuldig macht. Sie mögen ferner bedenken, daß durch
derartige Ausschreitungen der gute Ruf des ganzen Heeres empfindlichen
Schaden erleiden kann, da durch dieselben nicht nur das Ehrgefühl
junger Soldaten abgeschwächt, wohl gar erstickt, sondern auch Übelwollenden
begründete Ursache zu Anklagen gewährt wird.... "25 Der
preußisch-deutsche Militärapparat hatte jedoch eine solche Eigendynamik
, daß derartige Corps-Befehle wenig nützten. Immer wieder stellte der
Füsilier Engelberg fest, daß Beschwerden nutzlos, sogar gefährlich seien.
Ihm selbst wurde gegen Ende seiner Dienstzeit, Juni 1886, drei Tage
Arrest bei Wasser und Brot wegen „Einreichung eines unangemessenen
Gesuchs" aufgebrummt: Jeden Tag drei Pfund Brot und ein Krug „gefüllt
mit dem feinsten Tafelwasser"; Holzpritsche und ein Holzstück als
„unsanftes Kopfpolster"; in der Nacht angekleidet und ohne Decke.26

Eine Episode mag auch noch festgehalten sein: „Ich vertreibe mir die Zeit
mit Schreiben, Singen, Pfeifen, Deklamation u. Gymnastik ... Soeben um
1 Uhr Mittag schließt V.K. meine Türe auf u. spricht feierlich: ,Sie
glauben, Sie haben wohl allein das Recht, hier Skandal zu machen. Wenn
ich das nocheinmal höre, gibts noch weitere 3 Tage. Sie haben s. hier ganz
ruhig zu verhalten.'... Nun muß ich mich aufs Deklamieren allein
verlassen in geistiger Hinsicht..." Ein Trübsalblaser war Wilhelm
Engelberg nie; darum konnte ihm eine Verwandte, die ihn besuchen
wollte, als er seinen Militärdienst bereits quittiert hatte, etwas stolz
berichten: „Bei meiner Ankunft hier wurde ich mit Fragen nach Dir
bestürmt, denn alle behaupten, so eine lustige, fidele und anständige
Ordonnanz gäbe es nicht zum zweiten Male."27 Etwas trockener bemerkte
der Vater, nachdem er das Gruppenfoto der Korporalschaft seines Sohnes
betrachtet hatte: „Du bist darauf ziemlich gut getroffen, nur ist Deinem
Gesicht das ächt militärische Aussehen noch nicht aufgeprägt."28 Nein,
die Laune konnte man dem Füsilier Engelberg nicht verderben, aber sein
Ehrgefühl verletzten; verletzten durch den Drill auf dem Exerzierplatz
und durch Schikanen in der Kaserne, durch Herummäkeln an den
Buchbinderarbeiten im Ordonnanz-Büro, durch Arrest, der männlichen
Stolz brechen sollte, aber auch durch den Portierposten, den er bei einem

25 StAH, Mappe 1, Hervorhebungen von mir. E.E.

26 StAH, Mappe 2, kleines Heft mit dem Titel: ,.3 Tage aus meinem Leben".

27 StAH, Mappe 3, Brief von Anna Uhl, 3. 10. 88.

28 StAH, Mappe 3, Brief des Vaters, 22. 6. 84.

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