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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
59. Jahresband.1979
Seite: 84
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1979/0086
Offiziersball zu absolvieren hatte. Was in der Familie zu Hause, bei den
Verwandten und bei den Kameraden innerhalb und außerhalb der Armee
Antipathie gegen den Militärdienst war, steigerte sich bei ihm zu einem
glühenden Antimilitarismus. Haß muß seine Feder geführt haben, als er
ein vierstrophiges Gedicht, betitelt „Der Soldat", abschrieb:

„Ich bin Soldat, doch bin ich es nicht gerne
Als ich es ward, hat man mich nicht gefragt,
Man riß mich fort, hinein in die Kaserne,
Gefangen ward ich, wie ein Wild gejagt. ...

Ich bin Soldat, muß Tag und Nacht marschieren
Statt an der Arbeit muß ich Posten stehen
Statt in der Freiheit muß ich salutieren
Und muß den Hochmut dieser Herren sehn.
Und gehts ins Feld, so muß ich Brüder morden
Von denen keiner mir was Leid getan. ...

Auf Brüder laßt zur Heimat uns zurückmarschieren
Von den Hyänen unser Volk befrein
Denn nur Tyrannen müssen Kriege führen,
Soldat der Freiheit möcht ich gerne sein. ..."

Sollte solch' heereszersetzende Literatur auf Handzetteln in der Kaserne
kursiert sein? Das ist unwahrscheinlich, da die deutsche Sozialdemokratie
zum Ärger westeuropäischer Sozialisten eine spezielle, weil zu
risikoreiche Propaganda innerhalb der Kaserne ablehnte, sich vielmehr
auf die Wirkung jener antimilitaristischen Literatur verließ, die den
jungen Menschen möglichst schon vor ihrer Militärzeit zugänglich
gemacht werden konnte. Es ist durchaus möglich, daß Wilhelm
Engelberg die Strophen aus einer bereits 1872 erschienenen Lieder- und
Gedicht-Sammlung abschrieb.29 Er ließ sich einerseits von einem
abstrakten, die innere Gesellschaftsdynamik vernachlässigenden Moralismus
leiten, der sich gegen innere und äußere Unterdrückung durch
Armeen richtete, andererseits von dem Gedanken der Volkswehr. In der
gleichfalls schon in den 70er Jahren erschienenen und weit verbreiteten
Broschüre „Was die Sozialdemokraten sind und was sie wollen" strich
Wilhelm Engelberg besonders energisch jene Stelle an, wo von der
Ersetzung des stehenden Heeres durch das Volksheer die Rede ist und es
wörtlich hieß „Jeder Bürger soll von Jugend auf im Gebrauch der Waffen

29 Dieses Gedicht erschien, gleichfalls anonym, zum erstenmal in: ,,Zeitgemäße Volkslieder und Gedichte", hrsg. von
Gustav Linke, Dresden 1872, Selbstverlag. Wieder abgedruckt in: „Deutsche Volkslieder demokratischen
Charakters", hrsg. von Wolfgang Steinitz, Akademie-Verlag Berlin 1954, Bd. I, S. 399 f. Ob das Gedicht Max Kegel
zugesprochen werden kann, ist noch nicht geklärt.

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