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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
59. Jahresband.1979
Seite: 86
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der Weltschmerz das Herz zerreißen möchte, von politischer Schwerfälligkeit
, um nicht zu sagen Gleichgültigkeit, bis zu quicker Neugierde für
die politische Umwelt nah und fern. Aber so unterschiedlich die
Individualitäten, Neigungen und Bildungshöhen sein mochten, in einem
waren die Handwerksgesellen gleichgestimmt: Die „große Walz" war
ihre „Berufs- und Lebensschule", die es in Ehren zu bestehen galt - in
angemessener Zeit, wie wir bereits bemerkt haben. Wenn wir die
Handwerksgesellen, politisch gesehen, auf einen Nenner bringen wollen,
dann ist es dieser: militärfromm waren sie nicht; die deutsche Einheit, die
sie bejahten, verstanden sie nicht chauvinistisch. Den ewigen Deutschen
, der aggressionsgeladen drauflosdreschen möchte, gab es nicht.

Der Handwerksmeister: Vom Demokraten zum Sozialdemokraten

Nach Haslach zurückgekehrt, übernahm Wilhelm Engelberg neben der
Buchbinder-Werkstatt einen Papierladen. Wie die Familienerinnerung
bezeugt, wurden von dort jede Woche die mit ziemlicher Regelmäßigkeit
von Offenburg zugestellten Exemplare des „Sozialdemokrat" insgeheim
abgeholt. In Offenburg war nicht nur ein illegales Verteilungszentrum
für ganz Süddeutschland; diese verkehrsmäßig günstig gelegene Kreisstadt
war damals überhaupt ein historisches Vorbild und ein politischer
Orientierungspunkt. In Offenburg, wo unmittelbar vor und während der
Revolution von 1848 die Häupter der badischen Demokratie zusammenkamen
und wichtige, auf ganz Deutschland ausstrahlende Beschlüsse
faßten, gingen Anfang der achtziger Jahre Söhne alter Achtundvierziger
zur Sozialdemokratie über; zu ihnen gehörte Adolf Geck, Sohn des stadt-
und landbekannten, früh verstorbenen Zähringerhof-Wirts und Mündelkind
Amand Goeggs.32 Und da sollten junge Handwerker aus Haslach,
kaum 30 km von Offenburg entfernt und von jeher durch Widerspruchsgeist
bekannt, hintenan stehen? Jetzt erst recht gingen sie, voran
Wilhelm Engelberg, in die illegal arbeitende Sozialdemokratie.323 Als
legale Tarnung und zur eigenen körperlichen Ertüchtigung riefen die
jungen Haslacher Handwerker einen Turnverein erneut ins Leben.

Im Jahre 1891 vermählte sich Wilhelm Engelberg, nachdem er neben der
Buchbinderei noch ein photographisches Atelier eingerichtet hatte, mit
Therese Aiple, der Tochter des Bierbrauers Franz Aiple. Seine Gastwirtschaft
wurde das Vereinslokal des Turnvereins und der Sitz der
Haslacher Sozialdemokratie, die nach 1890, nach dem Sturz Ottos von
Bismarck, wieder legal wurde. In der Gaststube hingen bis 1933 ringsum
an den Wänden die Bilder sozialdemokratischer Reichstagsabgeordneter

32 Vgl. Günther Haselier, Adolf Geck als Politiker und Mensch im Spiegel seines schriftlichen Nachlasses, in:

Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, Bd. 115, 1967, S. 334.
32a Eine von Adolf Geck ausgestellte Quittung vom 26. März 1887 über ,,8 M. 40 Pf. Abonnementsgelder" (14 Abonnenten)
StAH, Mappe 6 beweist, daß schon damals Haslacher Sozialdemokraten Verbindung nach Offenburg hatten.

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