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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
59. Jahresband.1979
Seite: 88
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flammenden Altäre, und vom Demokraten bis zum Sozialdemokraten ist
der Schritt angesichts der heutigen sozialen Verhältnisse nicht weit."33

Ja, der kleine Schritt vom Demokraten zum Sozialdemokraten! Hinter
diesem einfachen Satz steckt eine vertrackte Problematik, die wir hier
nur andeuten können. Die Geschichte der Parteien, ihrer Beziehungen
untereinander und zum jeweiligen Staat wandelt auch die Partei-Namen
und ihre Bedeutung. Nach der Niederlage der Volksrevolution von
1848/49 drückten sich gar viele um das Kennzeichen „demokratisch".
Erst nach der Novemberrevolution wurde es im bürgerlichen und
kleinbürgerlichen Parteileben wieder modern - ein gern getragenes
Etikett gegenüber den revolutionierten Massen. Was die Sozial-
Demokratie betrifft, so war dieser Partei-Name, der seit den 60er Jahren
in Deutschland mehr und mehr Eingang fand, eigentlich ein Kompromiß,
den Männer wie Marx und Engels nur widerwillig hinnahmen; angesichts
der ideologischen Physiognomie der organisierten Arbeiterklasse
im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts war nun mal der alte kühne
Parteiname „Bund der Kommunisten" sachlich nicht mehr (oder noch
nicht) angängig und politisch inopportun.

Betrachten wir die Verhältnisse in Haslach, da drängen sich unter dem
Blickwinkel des Wandels der Parteien spezielle Fragen auf. Gründungsmitglieder
des sozialdemokratischen Wahl- und Lesevereins im Jahr 1890
waren außer Wilhelm Engelberg der Nudelfabrikant Josef Fackler mit
dem volkstümlichen Übernamen „Schwarzbeck", der Gerber Josef Aiple,
der Bierbrauer und Gastwirt Franz Aiple, der Wirt Johann Haser, der
Bierbrauer Otto Haser, der Hafner Emil Engesser, der Gerber Ludwig
Kasper, der Bäcker Ludwig Zimmermann sowie der Metzger Ludwig
Sahl. Warum sahen diese Handwerksmeister und kleinen Geschäftsleute
in der Sozialdemokratie ihre politische Heimat? Inwieweit machten sie
sich das marxistische Programm, das sich die deutsche Sozialdemokratie
1891 in Erfurt gab, wirklich zu eigen? Inwieweit vollzogen sie unter
diesem Gesichtspunkt tatsächlich den Schritt vom Demokraten zum
Sozialdemokraten? Anders gesagt: War da nicht viel Selbsttäuschung im
Spiel?

Da ohne Zweifel Wilhelm Engelberg der führende Kopf dieser neuen
politischen Gruppierung in Haslach war, ist es durchaus gerechtfertigt,
wenn wir uns auf sein Denken und Handeln konzentrieren, um die hier
gestellten Fragen wenigstens teilweise beantworten zu können. Allein
schon eine Durchsicht seiner privaten Bibliothek34 erhellt vieles. Von
Marx besaß er nur die Schrift „Lohnarbeit und Kapital", aber von
Ferdinand Lassalle neben einer Reihe von Einzelschriften die 1892/93

33 Heinrich Hansjakob, Im Paradies. Tagebuchblätter, Heidelberg 1897, S. 121. Den Hinweis auf diese Stelle verdanke
ich M. Hildenbrand.

34 Die im folgenden angeführten Bücher aus der ehemaligen Bibliothek Wilhelm Engelbergs sind im Besitz des Autors.

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