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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
59. Jahresband.1979
Seite: 89
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herausgekommene Gesamtausgabe seiner Reden und Schriften. Die drei
Bände hat er selbst eingebunden, mit Lederrücken und obligater
Goldinschrift versehen. Von seiner ersten politischen Liebe rückte er
nicht ab, sprach deshalb niemals von dem kritischen und von Friedrich
Engels gelobten Vorwort zu dieser Ausgabe, rühmte aber umso mehr die
zwei berühmten Verfassungsreden Lassalles. Von dem marxistischen
Theoretiker Karl Kautsky war keine Schrift vorhanden, wenn wir vom
„Erfurter Programm" absehen, an dem dieser weitgehend mitgearbeitet
hat. Nicht einmal die Kritiken des Revisionisten Eduard Bernstein
fanden das Interesse von Wilhelm Engelberg. Doch besaß und las er
zahlreiche Schriften und Reden von August Bebel, unter ihnen sein
Hauptwerk „Die Frau und der Sozialismus"; mit besonders vielen
Anmerkungen und Unterstreichungen ist dessen Schrift „Nicht stehendes
Heer sondern Volkswehr" versehen. Gleichfalls intensiv beschäftigte
sich der stets materialhungrige Engelberg mit dem periodisch erscheinenden
„Handbuch für sozialdemokratische Wähler". Zum historischen
Standardwerk gehörte Karl von Rottecks vierbändige populäre Ausgabe
seiner „Allgemeinen Weltgeschichte", die auch in manch anderen
Bürgerhäusern Haslachs zu sehen war. Zu Wilhelm Engelbergs historischer
Lieblingslektüre gehörten die vom Sozialdemokraten Wilhelm Bios
verfaßte „Deutsche Revolution" von 1848 und eine Reihe von Schriften
zum gleichen Thema. Schließlich seien noch eine Anzahl religionskritischer
Broschüren erwähnt.

Auswahl und Art der Lektüre lassen darauf schließen, daß Wilhelm
Engelberg die ideologisch-politische Entwicklung der Sozialdemokratie,
also die ganzen Auseinandersetzungen zwischen Marxismus und Revisionismus
in den 90er Jahren und um die Jahrhundertwende, nicht näher
verfolgt hat. Überdies wurde in der Sozialdemokratie das Verhältnis von
demokratischem und sozialistischem Kampf in seiner theoretisch wie
praktisch schwierigen Problematik nie zu Ende geklärt, so daß einerseits
ein August Bebel mit der Vorstellung einer demokratischen Republik den
Sieg des Sozialismus verband, andererseits Wilhelm Liebknecht doch
noch stark in den Reminiszensen der 48er Demokratie lebte. Sein 1888
erschienenes Buch „Ein Blick in die Neue Welt" war bei allen kritischen
Bemerkungen im einzelnen als Ganzes gesehen ein Hohelied auf die
bürgerliche Demokratie der Vereinigten Staaten von Amerika. Es ist
darum nicht verwunderlich, daß Wilhelm Engelberg, der dieses Buch
besaß und eifrig las, seinem nach 1848 emigrierten Onkel nach New York
schrieb: 35 „Sie... leben in einem glücklichen Lande. Wären wir in
Deutschland nur erst auch so weit! Ob wir's erleben?! Unser Reisekaiser
kann auch nur das deutsche Volk regieren, in einem freien Lande wäre er
eine Puppe, die man bei Seite legen könnte."

35 Kopierbuch, N° 3b, S. 38f., StAH.

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