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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
59. Jahresband.1979
Seite: 100
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Zurückhaltung satt und sehne mich danach, meine ganzen Kräfte in den
Dienst der freien Sache stellen zu können, für die ich seit 25 Jahren
gekämpft habe."54 Bemerkenswert ist hier der Hinweis auf die Kontinuität
in seinem demokratischen Wirken seit einem Vierteljahrhundert.
Was die seit einigen Jahren geübte Zurückhaltung betrifft, so war sie
nicht derart, daß er keinen Angriffen ausgesetzt gewesen wäre. Vier
Monate vor diesem Brief ließen Zentrumskreise ein von Vikar Leo
Hofmann unterschriebenes Flugblatt gegen den „Freiheitshelden"
Engelberg verbreiten; es endete mit dem Reklame-Gebot: „In ein
katholisches Haus gehört eine katholische Zeitung und damit Punktum
!"55

In einer solchen Lage nützte nur offensives Vorgehen - geschäftlich und
politisch. So bereitete der Angegriffene den Bau eines neuen Wohn- und
Geschäftshauses vor, das er von dem damals noch jungen Haslacher
Architekten Franz Schmider entwerfen und 1912 bauen ließ. Dazu
gehörte auch eine kunstgewerblich schön gestaltete Ladeneinrichtung,
die in Fachzeitschriften für Innenarchitektur abgebildet und besprochen
wurde. Solche Aufträge gehörten zum fortschrittlichen Heimatsinn und
Kulturbewußtsein Wilhelm Engelbergs.

Sein neues Haus baute er mit Hilfe verwandtschaftlicher Darlehen,
womit er dem finanziellen Druck der Zentrumspartei trotzte, deren
Lokalgewaltige ihn mit Lockungen und Drohungen zu bewegen versuchten
, die „Schwarzwälder Volksstimme" im Sinne des katholischen
Klerikalismus zu redigieren. Die Lockung war ein finanzielles Versprechen
, die Drohung betraf eine katholische Konkurrenzzeitung, die in
Aussicht gestellt wurde. Da auch Frau Engelberg, die resolute Tochter
des Franz Aiple, alle politischen Ansinnen empört zurückgewiesen
hatte,56 wurde die Drohung wahr gemacht: Eine Genossenschaft gut
katholischer Bürger innerhalb und außerhalb des Städtchens finanzierte
eine zweite Druckerei und eine zweite Tageszeitung in Haslach, die
„Kinzigtäler Nachrichten". Der ideologische Furor, der hier am Werke
war, nährte sich wohl auch vom Geiste der 1910 erlassenen Borromäus-
Enzyklika („Editae saepe"), die mit ihren heftigen Angriffen auf die
Reformatoren und die deutschen Protestanten sogar den Protest der
preußischen Regierung hervorgerufen hatte.

Eine für das Kinzigtal beispiellose Stimmungsmache gegen die angeblich
religionsfeindliche „Schwarzwälder Volksstimme" wurde in Szene
gesetzt. Als der Apotheker Merz im Bürgerausschuß bemerkte, es sei
doch „Mumpitz", in einer solch kleinen Stadt wie Haslach eine zweite

54 W.E. an Hummel, 26. Februar 1908, in Kopierbuch N° 1, S. 178, StAH.

55 AU Flugblatt des Kinzigtäler und Elzboten, Oktober 1907. Vgl. W.E. in ,,Schwarzwälder Volksstimme". 11. 10. 1907.
Siehe auch Mappe 9, StAH.

56 Aus Familienerinnerungen, wiederholt aktiviert und auch mimisch eingeprägt.

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