Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
59. Jahresband.1979
Seite: 102
(PDF, 62 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1979/0104
der Sozialdemokratie zustande zu bringen. Diesem Bündnis war es zu
verdanken, daß bei der Bürgermeisterwahl der ehemalige Sozialdemokrat
Josef Fackler (der Schwarz-Beck) - Februar 1914 - über den
Zentrumskandidaten siegte.60 In jenen Monaten beklagte sich auch ein
Bürgerausschuß-Mitglied, „daß der ehemalige Genosse Engelberg auf die
Mitglieder des (sozialdemokratischen) Vereins noch großen Einfluß
habe".61

Möglichst viele geeignete Formen des gesellschaftlichen Lebens nutzte
Wilhelm Engelberg aus, um politischen Einfluß auszuüben, beispielsweise
zu Fastnacht bei der sogenannten „Völkerschau" von 1912 und 1913,
an der mehrere hundert Haslacher mitwirkten. Etwa fünfzehn „Völkerschaften
" in farbenprächtigen und exotischen Kostümen, Chinesen,
Japaner, Türken, Beduinen, Spanier, Perser usw. traten auf; sie hielten
sich an den ihnen zugewiesenen Plätzen des Städtchens auf. Die
Verbindung zwischen ihnen stellte die Attrappe des Handelsschiffes
„Kinziga" her, das - gefolgt von den Zuschauern - von „Kontinent" zu
„Kontinent", von „Volk" zu „Volk" fuhr, dort jeweils „anlegte" und
damit Anstoß gab zu allerlei folkloristischen Gaudis und Tänzen.61a Als
politischen Regieclou dachten sich Wilhelm Engelberg und seine
Vertrauten aus, das „Handelsschiff zuletzt in „China" anlaufen zu
lassen. Dort trat Engelberg selbst schließlich als Chinese auf, hielt eine
flammende Rede auf die kurz vorher vollzogene chinesische Revolution
und endete mit dem Ruf: „Es lebe die Republik!" Damit endete das Spiel,
die Anspielung wurde wohl verstanden. Wer konnte hier auch opponieren
? Selbst ein nur leiser Angriff auf die Narrenfreiheit wäre eine Sünde
wider den Lokalgeist gewesen und mit Verachtung gestraft worden.

Von 1913 bis 1922 war Wilhelm Engelberg demokratischer Stadtrat. Über
die Kommunalpolitik hinaus trat er in der „Schwarzwälder Volksstimme
" erneut gegen alle Erscheinungen des Militarismus auf. So unterstützte
er auch die sozialdemokratischen Anklagen der Soldatenmißhandlungen
; er nahm auch Partei für Rosa Luxemburg, als diese Anfang
1914 vor Gericht gestellt werden sollte, weil sie in einem Artikel von den
Dramen sprach, die sich täglich in den deutschen Kasernen abspielten.62
Als in der berüchtigten Zabern-Affäre die preußisch-militaristische
Arroganz einen Höhepunkt erreichte, nahm die „Schwarzwälder Volksstimme
" die Elsässer in Schutz und schrieb geradezu vom schwarzen Tag
des Deutschen Reiches.63 Wir wissen bereits: Engelberg war nicht gegen

60 Vgl. ,.Schwarzwälder Volksstimme" am 7. 2. 1914.

61 Ebda.

61a Vgl. ,.Schwarzwälder Volksstimme" am 7. 2. 1913.

62 Ebda. W.E. wußte auch, daß Rosa Luxemburg große Sympathien für Adolf Geck und seine Familie hatte und deren
Haus in Offenburg aufsuchte. Vgl. Anmerkung Nr. 68.

63 Vgl. „Schwarzwälder Volksstimme" am l. 12.. 3. 12.. 5. 12., 6. 12. 1913.

102


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1979/0104