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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
59. Jahresband.1979
Seite: 112
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auf dem Rathaus - so viel Macht hatten sie dort noch - Frauen und
Männer getrennt in verschiedenen Zimmern ihre Wahlstimmen abgaben.
Die Ergebnisse der Wahlen am 19. Januar 1919 zur Nationalversammlung
waren in Haslach entsprechend instruktiv. Es ergaben sich folgende
Stimmenverhältnisse (getrennt nach Männer- und Frauenstimmen,
wobei letztere in Klammer gesetzt sind): das Zentrum 286 (559), die
Sozialdemokratie 239 (141), die Demokratische Partei 138 (92), die
Deutsch-Nationale Partei 13 (22). Es wurde ganz deutlich, daß für die
konservativen Parteien (Zentrum und Deutsch-Nationale Partei) mehr
Frauen- als Männerstimmen abgegeben worden waren. Wenn wir jetzt
noch die Zahl der Männerstimmen mit den Ergebnissen der Reichstagswahl
von 1912 vergleichen, wo es noch kein Frauenstimmrecht gab, dann
zeigt sich, daß an Männerstimmen das Zentrum nur um 17, die
Sozialdemokratie um 81 Stimmen zugenommen hatte.

Eine bittere historische Erfahrung: durch das Frauenstimmrecht war
jetzt auch im kommunalen Bereich Haslachs die Mehrheit des Demokratischen
Vereins (der durch Engelbergs Wirken am weitesten links im
Vergleich zu anderen Ortsvereinen im Kinzigtal stand) und der
Sozialdemokratie für immer gebrochen - zugunsten des Zentrums. Dem
schwoll jetzt erst recht der Kamm; es ging zum letzten Angriff auf die
„Schwarzwälder Volksstimme" über. Obwohl für Wilhelm Engelberg,
wie er im Sommer 1919 notierte, die achtstündige Arbeitszeit nicht
bestand, manchmal für ihn „sogar die 2 x 8stündige Arbeitszeit am Tag
notwendig" war und deshalb auch seine Tagebuchnotizen immer seltener
wurden, reichten seine Kräfte nicht mehr aus, um dem politischen Druck
insbesondere finanziell zu widerstehen. Ende 1920, sozusagen zu Beginn
der großen Inflation, mußte er seine „Schwarzwälder Volksstimme"
aufgeben; die 1925 bis 1927 in Offenburg gedruckte Ausgabe war nicht
mehr in alter Weise von ihm geprägt.

Wenn Wilhelm Engelberg zu Beginn der Novemberrevolution geglaubt
hatte, daß der Kampf um sein ,,48er Demokratentum" von nun an
erleichtert wäre, so irrte er sich darin gründlich. Seine Gegner im Lager
des politischen Katholizismus bekamen, wie wir sahen, gerade im Gefolge
der Revolution Auftrieb. Die zunehmende Polarisierung der Kräfte
machte ihm auch innerlich Schwierigkeiten. Das geht indirekt aus einer
Notiz vom Herbst 1919 hervor: „Einerseits kann man jetzt die Beobachtung
machen, daß der Radikalismus im Lande auf die Gelegenheit paßt,
um eine zweite, durchgreifendere Revolution zu entfalten. Andere,
besonders die Kriegs- und anderen Gewinnler sehnen die Monarchie
herbei in der Hoffnung, ihre Reichtümer besser geschützt zu sehen." Mit
anderen Worten, Engelberg spürte das Herannahen dessen, was sich
dann im Frühjahr 1920 als Kapp-Putsch offenbarte.

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