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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
59. Jahresband.1979
Seite: 116
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Verlauf der letzten 5 Jahre" das Vertrauen verloren habe. Wie
gerechtfertigt das war, bewies die Demokratische Partei ein Jahr später
selbst, als sie sich in die noch verwaschenere Staatspartei umwandelte.
Über die allgemeine Situation schrieb Engelberg: „Das Bürgertum ist
derart politisch indifferent und - feig, daß es nicht zu bedauern ist, wenn
sein Einfluß und darum seine Lebenshaltung zurückgeht. Und erst Jung-
Deutschland! Wenn Hansjakob wiederkäme, würde er über das einst gut
demokratische ,Hasle' weinen, wie Christus über Jerusalem, das sind die
Enkel und Urenkel der Männer von 1848/49; Puppen in einem
demokratisch-republikanisch regierten Staate. Heute wird jedem Schönschwätzer
Bravo geklatscht, auch einem Nationalsozialen, der schon 2
mal kurz nacheinander hier sprach... ."76

Nach 1930 trat er in Versammlungen der beiden Arbeiterparteien auf und
mahnte, sich endlich gegen die faschistische Gefahr zu einigen. Er bot
seine tätige Hilfe an und gewährte sie, wo man ihrer bedurfte.

Wir wissen, daß das nationale und soziale Verhängnis nicht aufgehalten
wurde.

Den ersten Krach mit den Nazis nach 1933 gab es, als Wilhelm Engelberg
sich weigerte, im Museum aus der Gedenktafel für die Gefallenen des
Ersten Weltkrieges das Bild von Louis Bloch, des Weinhändlersohns und
Haslacher Bürgers jüdischen Glaubens, herauszunehmen. Die Nazikraftmeier
wollten aber mehr, als ihren Antisemitismus bekunden; sie wollten
endlich durchdrücken, was Engelberg und seine Freunde bis dahin zu
verhindern gewußt hatten: die Errichtung eines Kriegerdenkmals, bei
dem es ihnen nicht um das Andenken der Gefallenen, sondern um die
Verherrlichung des Krieges ging. Das bewiesen sie schließlich durch das
häßliche Kriegerdenkmal, das sie vor die schlichte Klosterkirche
hinklotzen ließen.77

Die gesuchte Gelegenheit, Engelberg aus dem Heimatmuseum zu
verdrängen, ergab sich durch schäbige Denunziation. Die Gestapo bekam
einen Wink, daß dort in einem Schrank eine Schreibmaschine versteckt
sei, auf der illegales Material hergestellt werden solle. Der über 70jährige
Mann wurde vorübergehend verhaftet; doch die Haussuchung, die die
einheimischen SA-Leute etwas beschämt vornahmen, verlief ergebnislos
.78

76 Vgl. Kopierbuch N» lila, S. 351, StAH.

77 An dem von den Nazis errichteten Kriegerdenkmal sind in alphabetischer Ordnung die Namen der Gefallenen
Haslachs eingemeißelt sind. Da der Antisemitismus es nicht erlaubt hatte, den Namen Louis Bloch anzuführen, wurde
dies nach 1945 der Schande halber nachgeholt und notwendigerweise außerhalb der alphabetischen Ordnung recht
und schlecht angebracht, wie leicht einzusehen ist. Der Haslacher Gemeinderat hat jüngst beschlossen, daß das
„monumentale" Kriegerdenkmal im Zuge der Neugestaltung der Klosteraußenanlagen beseitigt und durch ein
schlichtes Mahnmal ersetzt wird.

78 Der Wortwechsel mit dem Oberwachmeister vor Beginn der Haussuchung gibt ziemlich präzisen Aufschluß über die
politische Haltung von Wilhelm Engelberg in den Krisenjahren um 1933. Hier ein Ausschnittt aus den Notizen von

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