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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
59. Jahresband.1979
Seite: 117
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Eine politische Aktivität war jetzt nicht mehr möglich; dennoch war
Engelberg nicht isoliert. Manche, auch katholische Geistliche, die früher
das Schreibwarengeschäft gemieden hatten, kauften jetzt hier ein; aus
Schwätzerchen wurden Gespräche, aus unbestimmten Seufzern bestimmt
formulierte Klagen sogar vertraulichen Charakters. Bei einer solchen
menschlichen und politischen Konstellation im lokalen Rahmen ließ sich
die Nazizeit besser ertragen.

Das zeigte sich auch im Jahre 1939, als der 75. Gründungstag des
Haslacher Turnvereins gefeiert wurde, natürlich unter Verschweigen
des demokratischen Urgrunds dieses Jubiläums. Aber das früher aktive
Mitglied Engelberg mit seinen engen Beziehungen zum alten Vereinslokal
„Zum Aiple-Franz" konnte man nicht ohne weiteres umgehen, wollte
man sich vor der Öffentlichkeit nicht allzu sehr bloßstellen. Also wurde
er eingeladen - in die große Stadthalle mit weit über tausend Leuten. Ein
gewisses Rätselraten begann im Städtchen. Wird er kommen, dieser
Engelberg? - Er kam. Wird er die Hand zum Hitlergruß erheben, wenn
ihm das Ehrendiplom übergeben wird? Erwartungsvolle Spannung
erfüllte den Saal. Da geht Engelberg auf die Tribüne, nimmt seine

Urkunde entgegen und bedankt sich--mit einer betont vornehmen

Verbeugung. Die Spannung wich bei vielen mit erleichtertem Aufatmen,
Indem der Geehrte die erhobene Hand zum Hitlergruß verweigerte,
konnte er erhobenen Hauptes in den Saal zurückkehren und zeigen, daß
es auch anders geht.

Der blutige Terror gegen Kommunisten, Sozialdemokraten und manche
Christen, der die legal organisierte Opposition beseitigte, schüchterte
das ganze Volk ein, und die emotional geladene Demagogie gaukelte das
tausendjährige Reich voller Größe und nationalen Ruhms vor. So
schienen die außenpolitischen Erfolge Hitlers, die ihm die europäische
Mächte aus Schwäche, Dummheit und partieller Sympathie gestatteten,
die Erfüllung aller Visionen des Größenwahnsinns bereits anzukündigen
. Die unheilige Dreieinigkeit von Terror, Demagogie und Erfolgsbestechung
ver-führte das deutsche Volk in einen Eroberungskrieg, der
begleitet war - einmalig in der Geschichte! - von rationalisiertem
Massenmord zunächst an Juden und Zigeunern, denen weitere Nationalitäten
folgen sollten. Das Ende war für die Deutschen Millionen-Schande
und Millionen-Rache.

->

Wilhelm Engelberg:,.Oberwachmeister: ,Sie sind doch auch ein Kommunist?' Ich erwidere: .Nein, das bin ich nicht,
aber seit 40 Jahren Sozialist.' Oberwachmeister: .Aus Idealismus? Sie trugen auch das kommunistische Abzeichen?* -
Ich: .Das war nicht das kommunistische, sondern das antifaschistische Abzeichen und zugleich der Friedensgesell.
Schaft, deren Mitglied ich war...'". Diese Notizen waren in einem Brief W. Engelbergs vom 23. 8. 1933 an seinen
jüngsten Sohn enthalten, der ihn jedoch aus Sicherheitsgründen vernichten mußte. Das Konzept des Briefes befindet
sich im StAH, Mappe 2.

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