http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1979/0127
Beglücktes Volk, das dich zum Leiter
Und keinen Herrn erkennt als dich!",
nimmt Lamey als Christ in seinem einprägsamen Gedicht „Der Bauer an
seinen aristokratischen Pastor" zu den kirchenpolitischen Fragen in
einer dem Volke verständlichen Weise Stellung:
(2) „Was lärmt er da vom Holz herab
Von Kirchenrecht und Kirchenhab?
Das mag Er bald vergessen.
Hat Er sein Brot nur immerfort,
So pred'ge Er uns Gottes Wort;
Dafür kriegt Er zu essen.
(3) Er aber donnert immerzu,
Stört fromme Seelen aus der Ruh,
Und klagt von argen Zeiten.
Er redet von verlorner Herd',
Doch meint Er, wie man gar wohl hört,
Nur die verlornen Weiden.
(4) Hör' Er einmal zu schelten auf!
Er hindert nicht der Dinge Lauf:
Wie's kommt, so muß es kommen.
Verloren sind die Schätze nicht,
Die man, wie Seine Kanzel spricht,
Der Christenheit genommen.
(5) Wir sind ja alle Christen doch,
Und unsre Kirche stehet noch,
Und hat kein Leid erduldet!
So ist es ja kein Bethaus mehr -
Wer hat es dann verschuldet?
(7) Wohl finden wir, daß Jesus Christ
Demütig stets gewesen ist
Und arm in seinem Leben;
Die Jünger hatten auch kein Gut,
Doch haben sie gern selbst ihr Blut
Der Lehre hingegeben.
(8) War da die Kirche schlecht bestellt?
,Mein Reich ist nicht von dieser Welt!'
Und: .Selig, die da glauben!'
Dies ist's ja, was die Bibel spricht!
Nimmt man uns diese Wahrheit nicht,
Was kann man uns sonst rauben?"
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