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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
59. Jahresband.1979
Seite: 205
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Pfarrhauses absolut unerwünschte Kosten auf sich zukommen sowie die
heikle Frage, inwiefern die Dezimatorschaft des Schuttertals und die
Pfarrgenossen zu einem Neubau beigezogen werden konnten oder
mußten.

Das Verfahren ging durch mehrere Instanzen bis vor das Plenum des
Oberhofgerichts in Mannheim. Kesselmeyer obsiegte und erhielt im
April 1823 unwiderruflich das Recht zugesprochen, das gesamte Anwesen
für 10 000 fl, wie im Privileg ausbedungen, an sich zu bringen. Der Fürst
entschloß sich daraufhin, in unmittelbarer Nähe der Kirche einen neuen
Pfarrhof errichten zu lassen.25 Im Kloster befanden sich damals die
Wohnung des Fabrikanten und Teile der Spinnerei, im Garten Neubauten
für die Färberei. In der Hauptsache aber spielte sich die Garn- und
Tuchproduktion in den im Vorjahr auf dem rechten Ufer der Schutter
errichteten umfangreichen Gebäuden ab, deren Dimensionen auf dem
Haubertschen Bild klar werden.

Kesselmeyer konnte zwar noch einen Grundbucheintrag vornehmen
lassen, zur Bezahlung der Kaufsumme kam er aber nicht mehr. Seine
Firma schien zu florieren und expandierte von Monat zu Monat. Im
Oktober 1823 liefen in Seelbach 27 Spinnmaschinen mit 4888 Spindeln
und 38 Webstühle. Der Wert aller Fabrikgebäude und -anlagen sowie der
Wasserbauten betrug laut amtlicher Schätzung 171252 fl, die Rohstoffe
und fertigen Waren nicht mit eingerechnet.26 Gleichwohl stand er vor
dem Ruin - in den er sich selbst hineinmanövriert hatte. Seine Bilanz zum
31. Dezember 1823 schloß mit Verpflichtungen allein gegenüber dem
Basler Handelshaus Merian in Höhe von 139291 fl ab. Wo und wieviel
Schulden er sonst noch hatte, als er am 6. Februar des folgenden Jahres
sich für insolvent erklären und die Produktion einstellten mußte, geht
aus den Akten nicht hervor. Oberamtmann Schmidt war der Ansicht, daß
es über eine halbe Million Gulden sein müßten. Im Hinblick auf die auf
Ende März angesetzte Vermögensliquidation meinte er, mangels Masse
würden kaum die Gantkosten bestritten werden können - wohl eine
übertriebene Darstellung des Sachverhalts.27

War schon eine Supplik um Gewährung eines Staatskredits kurz vor dem
Zusammenbruch abschlägig beschieden worden, so suchte Kesselmeyer
durch die Einreichung einer vierzigseitigen Denkschrift wenigstens
einer zweiwöchigen Gefängnisstrafe zu entgehen, die er sich wegen übler
Nachrede, begangen gegenüber der Firma Merian in Basel, vom landesherrlich
-standesherrlichen Amt Seelbach eingehandelt hatte und die
vom Kreisdirektorium bestätigt worden war. Seiner überaus ausführlichen
Schilderung nach war Kesselmeyer durch die ständig steigende

25 Die Prozeßunterlagen Kesselmeyer/von der Leyen befinden sich allesamt im Fasz. 5136 FLA Waal.

26 Bericht Kesselmeyers vom 26. Oktober 1823 an das Innenministerium GLA 229/96817.

27 Bericht Schmidts nach Ahrenfels vom 10. März 1824 FLA Waal Fasz. 5136 und Aktenstücke GLA 229/96817.

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