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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
59. Jahresband.1979
Seite: 206
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Nachfrage in den Jahren 1819 und 1820 verführt worden, die Kapazität
seiner Manufaktur zu vervielfachen, was die Anschaffung einer Reihe
von Maschinen und Apparaten und die besagten Neubauten zur Folge
hatte. Über die erforderliche Kapitalmenge verfügte er jedoch nicht. Die
Firma J. R. und P. Merian & Söhne, mit der er im Rahmen seines
Warenversands in Berührung gekommen war, lieh ihm bis zum Juli 1822
145 000 fl auf drei Jahre zu sechs Prozent, sicherte sich aber auf alle
Liegenschaften und Arbeitsgeräte ab und setzte ferner einen Geschäftsführer
für die „Comptoirgeschäfte" ein, dem Kesselmeyer die Prokura
erteilte. Kaum hatte er dies getan, war er nach eigenen Angaben nicht
mehr Herr im Haus. Der Geschäftsführer hetzte die Arbeiter gegen ihn
auf, und Merian, im Bunde mit Koechlin in Lörrach, schädigte die
Kreditwürdigkeit Kesselmeyers vor allem im Ausland beträchtlich. Der
Geschädigte warnte daraufhin in einem Rundschreiben seine Geschäftsfreunde
und Kreditoren vor Merian, was ihm das Strafverfahren
einbrachte. Inwieweit die Angaben des Hauptbetroffenen über den Gang
der Dinge voll zutreffen, mag dahingestellt bleiben. Unterlagen, die die
Position der Gegenseite verdeutlichen würden, fehlen gänzlich. Fest
steht, daß Kesselmeyer, dem eine hohe Risikobereitschaft und beachtliche
unternehmerische Fähigkeiten zu bescheinigen sind, an einer zu
dünnen Eigenkapitaldecke, einem ungünstigen, mit einigen Fallen
versehenen Kreditvertrag und an Überinvestitionen in einem keineswegs
krisensicheren Industriezweig gescheitert ist. Ihm wurde nicht
zuletzt auch zum Verhängnis, daß es zu dieser Zeit in Baden ein
leistungsfähiges Bankenwesen nicht gab. Er stand jedoch nicht allein.
Man kennt ähnliche Schicksale in dieser Phase der Frühindustrialisierung
im deutschen Südwesten.

Ob ihm seine Promemorien und der Hinweis auf die Familie und seine
beiden Kinder beim Großherzog etwas genützt und dieser wenigstens das
Strafurteil kassiert hat, ist nicht bekannt. Kesselmeyers Spur verliert
sich in den Akten.28

Wenn die Firma Merian tatsächlich das Unternehmen hatte an sich
bringen wollen, wie Kesselmeyer es darstellte, so war sie nun am Ziel. Sie
erwarb den größten Teil der Anlagen, vor allem die Schutterfabrik, für
rund 65 000 fl29 und nahm im Herbst 1824 die Produktion wieder auf. Die

28 Die Bitt- und Denkschriften Kesselmeyers vom Mai 1824 in GLA 229/96817.

29 Vgl. Himmelsbach, Seelbach, S. 162. Eine zeitgenössische Abbildung des Klosters existiert dem Vernehmen nach
überhaupt nicht. Der in FLA Waal Fasz. 5136 befindliche Grundriß von 1810 bzw. dessen Kopie von 1817 beweist, daß es
nicht nach den an anderen Stellen veröffentlichten Plänen erstellt wurde. Recht gut dargestellt ist die Schutterfabrik
im Vordergrund der Ansicht Seelbachs von dem Uberlinger Bürger und Maler Joseph von Haubert, der dieses
Temperabild angelegentlich einer Schwarzwaldreise im Jahr 1835 anfertigte.

Haubert malte damals eine ganze Reihe wertvoller Ansichten von Orten und Burgen des Schwarzwaldes und der
Oberrheinebene, die sich alle im Stadtarchiv Uberlingen befinden. Zu Person und Werk vgl. W. Fladt. Der Uberlinger
Maler Joseph von Haubert und seine Familie, in: Mein Heimatland 27/1940, S. 339 ff.

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