Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
59. Jahresband.1979
Seite: 262
(PDF, 62 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1979/0264
Simplicissimus als Narr

Johannes Werner

Nu hört und schweigt und tut die Red
hie sparn/Und hört ein spil hie von uns
narrn...

Hans Folz, Die Liebesnarren

Simplex, Simplicius, Simplicissimus: das heißt auf deutsch der Einfältige,
Einfältigere, Einfältigste; und wer so heißt, hat mit seinem Namen
(nomen est omen) sein Wesen schon weg. Als ein Einfaltspinsel also
kommt der so benannte Held aus dem Wald in die Welt, und diese kommt
ihm so närrisch vor wie er ihr.

„Dem seltsamen Simplicio kommt in der Welt alles seltsam vor, und er
hingegen der Welt auch" (I/25)1; weshalb er dann auch, zum äußeren
Zeichen seines inneren Zerwürfnisses mit ihr, von ihr „zum Narren
erwählt" (II/3) und nach allerhand Verwicklungen und Verwechslungen
in einen solchen verkleidet wird. Es gilt, wie es immer wieder heißt, ihn
„zum Narren zu machen" (II/5; 11/13), und ihm, „zum Narren zu werden"
(II/6; II/8) - nun nur noch äußerlich, nachdem er es innerlich schon ist.
Nun „hatte ich ein Kleid an von Kalbfellen, daran der rauhe Teil auch
auswendig gekehrt war, die Hosen waren auf polnisch oder schwäbisch
und das Wams noch wohl auf ein närrischere Manier gemacht, oben am
Hals stund eine Kappe wie ein Mönchsgugel, die war mir über den Kopf
gestreift und mit einem schönen Paar großer Eselsohren geziert" (II/6) -
Simplicius ist, durchaus unfreiwillig, in „das Narrenkleid" (II/5)
geschlüpft, „in diese Narrenkappe geschloffen" (II/8).

Was aber tut er nun? Er macht gute Miene zum bösen Spiel, das er plötzlich
durchschaut, und macht es mit. „Ich setzte mir vor, mich auf das Närrischste
zu stellen, als mir immer möglich sein möchte" (II/6); sogar so,

1 Die Zitate (die durch Parallelstellen ohne jede Schwierigkeit verdoppelt und verdreifacht werden könnten) stammen
alle aus Grimmelshausens Hauptwerk „Der abenteuerliche Simplicissimus" und werden hier nur unter Nennung von
Buch- und Kapitelnummer angeführt. Und noch zu genau diesem Zitat und dem von ihm vertretenen Zusammenhang:
das Selbstverständliche, das dem Einfältigen ja erklärt werden muß, stellt sich dabei oft genug heraus als etwas, was
sich keineswegs von selbst versteht. Der Kunstgriff, den der Autor hiermit gebraucht, ist späterhin als ein
Verfremdungseffekt bezeichnet worden; mit Vorliebe benutzt ihn die aufklärerische Literatur (für deren Entwicklung
übrigens die Kalendergeschichten Grimmelshausens, ähnlich denen Hebels und Brechts, viel bedeuten).

262


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1979/0264