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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
59. Jahresband.1979
Seite: 264
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Nicht zufällig also steigt die närrische Flut der einschlägigen Schriften
am Vorabend der Reformation erst richtig an, und nicht zufällig sinkt sie
nach der Nacht des Dreißigjährigen Krieges allmählich ab; und daß dies
vorwiegend am Oberrhein geschieht, vermag ebenso wenig zu verwundern
. Denn nicht nur weil die geschichtlichen Strömungen hier stets
deutlicher als anderswo zutage treten, werden die meisten Beiträge zum
Thema auch hier, zwischen Basel und Straßburg, geschrieben und
gedruckt; auch deren Verwandtschaft mit dem oberrheinischen Fastnachtstreiben
ist nicht zu verkennen. Nachdem die Narrengestalten, die
von ihm inspiriert waren, längst der Literaturgeschichte angehören,
erinnert es selbst noch immer und in jedem Jahr aufs neue daran, daß das
Narrengewand dazu hilft, wahr zu sprechen und wahrhaftig zu sein.

Auf solche Umkehrung und Umwertung der Werte hatten zwei gewichtige
Seitenstücke der Gattung bereits am Anfang des 16. Jahrhunderts
aufmerksam gemacht. Zum einen war es das „Lob der Narrheit" des
Erasmus von Rotterdam, das alsbald auch in Straßburg und Basel
erschien; und das zwar, wie andere Werke, eine Unzahl von Narren
vorführt, sie aber dann von eben der personifizierten Narrheit selber
besprechen läßt - das Ganze ist so zweideutig wie ja schon sein Titel,
dessen schillernder Genitiv zweierlei bedeuten mag. (Was daran erinnert,
daß der Autor des „Narrenschiffs" von dessen dritter Ausgabe an selber
als „Der Narr Sebastianus Brant" zeichnete.) Und zum anderen war es
der „Till Eulenspiegel", dessen erste erhaltene Ausgabe genau gleichzeitig
in Straßburg erschien, und der seinerseits wieder mit einer großen
Gruppe von Werken, den ebenfalls ziemlich närrischen Schwankbüchern,
in verwandtschaftlicher Verbindung steht; die Titelseite zeigt den
närrischen Helden, der, gleichsam als redendes Wappen, eine Eule und
einen Spiegel in Händen hält - damit zugleich die Zeichen von Weisheit
und Wahrheit.

Der teils unsinnige, teils hintersinnige Simplicius steht noch in der
Nachfolge jener zwielichtigen Narren, deren Narrheit sich gar nicht so
leicht definieren läßt; schwer zu sagen, ob sie närrisch sind, oder ob die
Welt es ist, in der sie leben, und in der dann das Vernünftige unvernünftig
und das Unvernünftige vernünftig scheint.

Diese in der Tat heillose Verwirrung ließe sich nicht aushalten, gäbe es
nicht den Glauben an einen gleichsam höheren Ort, der von ihr ausgenommen
ist. Ein Brunnen, der am Anfang jenes 16. Jahrhunderts in
Ettlingen errichtet wurde, zeigt zuoberst, und zwar im vollen Schmuck
der Narrenkappe, den Hofnarren des Markgrafen Ernst von Baden; die
Inschrift lautet:

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